Emanuel Josef Margold (1888-1962): Ästhetik und Innovation

Eine farbenfrohe Auswahl an alten Art-Déco-Keksdosen mit geometrischen Mustern, Blumen, Zickzacklinien und kühnen Designs, die die Ästhetik der Epoche einfangen. Im Hintergrund ist auf einem Metalldeckel in schwarzer Schrift deutscher Text zu lesen.

Wenn wir heute an die großen Gestalter des frühen 20. Jahrhunderts denken, fallen oft Namen wie Peter Behrens, Henry van de Velde oder Walter Gropius. Weniger im Rampenlicht, aber nicht minder prägend war Emanuel Josef Margold.

Porträt von E.J. Margold aus: "Ein Dokument deutscher Kunst 1901 – 1976: Die Künstler der Mathildenhöhe"  Band 4, Eduard Roether Verlag Darmstadt; Seite 132
E. J. Margold

Margold war ein Gestalter, dessen Werke nicht nur die Ästhetik des frühen 20. Jahrhunderts spiegeln, sondern auch den Übergang in eine neue, funktionalere und markenbewusstere Formensprache. Besonders seine Zusammenarbeit mit dem Kekshersteller Bahlsen hat bleibende Spuren in der Design- und Werbegeschichte hinterlassen.

Ein Leben für die angewandte Kunst

Emanuel Josef Margold wurde 1888 in Wien geboren – einer Stadt, die zu dieser Zeit ein Epizentrum künstlerischer Strömungen war. Margold studierte Architektur und Design an der Wiener Kunstgewerbeschule, wo er unter anderem von Josef Hoffmann, einem der Mitbegründer der Wiener Werkstätte, geprägt wurde.

Diese Ausbildung legte den Grundstein für Margolds Streben nach einer Symbiose von Funktionalität und Ästhetik – ein Gedanke, der ihn sein gesamtes Schaffen begleiten sollte.

1911 wurde Margold selbst Mitglied der Wiener Werkstätte. In dieser legendären Vereinigung von Künstlern, Handwerkern und Architekten manifestierte sich sein Talent, Gebrauchsgegenstände mit künstlerischem Anspruch zu entwerfen. Bereits hier zeigte sich sein besonderes Gespür für Ornamentik und klare, strukturierte Formen.

Eine Mokkatasse, entworfen von Emanuel Josef Margold im Jahr 1911, Ausführung Pfeiffer & Löwenstein Schlackenwerth für die Porzellanmanufaktur Josef Böck Wien. (Bild: Auktionshaus Mehlis GmbH

Intensive Zusammenarbeit mit Bahlsen

1914 folgte er einem Ruf nach Darmstadt, wo er Teil der Künstlerkolonie Mathildenhöhe wurde. Das Porträt Margolds (oben) stammt aus dem Buch „Ein Dokument deutscher Kunst 1901 – 1976: Die Künstler der Mathildenhöhe“ das sich intensiv mit dieser Bewegung auseinandersetzt.

In dieser Zeit knüpfte er den Kontakt, der sein Werk nachhaltig prägen sollte: die Zusammenarbeit mit der Firma Bahlsen in Hannover.

Bahlsen war nicht nur für seine Gebäck- und Keksprodukte bekannt, sondern auch für seine progressive Haltung in Sachen Werbung und Markenführung. Der Firmengründer Hermann Bahlsen verstand früh die Bedeutung eines konsistenten visuellen Auftritts – und holte dazu Künstler wie Margold ins Boot.

Margold entwickelte für Bahlsen eine Vielzahl von Entwürfen: Keksdosen, Plakate, Schaufensterdekorationen und Verpackungen, die nicht nur funktional, sondern auch gestalterisch herausragend waren.

Sein Ansatz verband die Ästhetik des Jugendstils mit den aufkommenden Prinzipien der Neuen Sachlichkeit: klare Linien, reduzierte Ornamente, prägnante Farbflächen.

Bahlsen-Keksdose (18 x 8,5 x 11 cm) nach Josef Margold. Sie wurde anlässlich 46. Friedrichsdorfer Auktion Alte Reklameschilder im Dezember 2022 für 280€ zzgl. Provision verkauft. (Bild: Micky Waue)

Besonders bemerkenswert waren seine Blechdosen-Entwürfe, die bis heute Sammler begeistern. Diese Dosen waren nicht nur Aufbewahrungsbehälter, sondern Träger einer Markenbotschaft. Margold schuf Objekte, die Schönheit in den Alltag brachten und gleichzeitig den Markenwert von Bahlsen unterstrichen.


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Visionäres Marketing – Kunst als Markenstrategie

Die Kombination aus praktischer Funktionalität und edler Gestaltung entsprach dem Zeitgeist und stärkte Bahlsens Position als innovatives Unternehmen.

Margolds Arbeit für Bahlsen war Teil einer umfassenden Strategie: Das Unternehmen nutzte Kunst und Design als Instrument der Markenbildung – ein revolutionärer Gedanke in einer Zeit, in der Werbung oft noch aus simplen, rein informativen Anzeigen bestand.

Durch Margolds Entwürfe wurde Bahlsen zu einem Vorreiter moderner Corporate Identity. Seine grafischen Arbeiten, darunter stilisierte Darstellungen von Keksen, Fabrikgebäuden oder allegorischen Figuren, schufen eine visuelle Welt, die Bahlsen einzigartig machte.



Auch in der Schaufenstergestaltung setzte Margold neue Maßstäbe. Seine Entwürfe verbanden Architektur, Grafik und Produktpräsentation zu einem Gesamtkunstwerk, das Passanten fesselte und die Marke inszenierte. Hier wurde deutlich, wie eng für Margold Kunst und Alltag verwoben waren – ein Grundgedanke, der ihn mit dem Bauhaus verband, obwohl er selbst nie Teil dieser Bewegung war.

Kunst im Dienste des täglichen Lebens

Margold selbst blieb bis zu seinem Tod in Bratislava im Jahr 1962 ein produktiver Gestalter. Er entwarf u.a. Möbel, Inneneinrichtungen und Architekturprojekte, die den Geist einer Epoche atmen, in der die Grenzen zwischen Kunst und Handwerk, zwischen Alltäglichem und Erhabenem durchlässig wurden.

Emanuel Josef Margold war ein Pionier, der verstand, dass Kunst nicht im Elfenbeinturm entsteht, sondern im Dienste des täglichen Lebens stehen kann. Seine Zusammenarbeit mit Bahlsen zeigt exemplarisch, wie visionäres Design und strategisches Marketing eine Marke prägen und Generationen überdauern können.

Margolds Werk mahnt uns, auch heute das Potenzial von Gestaltung als integralen Bestandteil jeder erfolgreichen Unternehmung zu begreifen – funktional, ästhetisch und immer mit Blick auf das große Ganze.


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