Schneller Überblick

Antike und Vintage-Spielautomaten begeistern heutzutage Sammler weltweit, auch in Deutschland. Hier wurden bereits vor 1900 erste Geräte aufgestellt. Sammler.Net entführt Sie auf eine Reise durch die deutsche Spielautomaten-Geschichte und beleuchtet dabei vor allem die beliebte Rotamint-Reihe.
Lange bevor in deutschen Spielotheken digitale Automaten blinkten, begann alles mit einem simplen Spielmechanismus – oft auf Jahrmärkten oder in Gaststätten. Bereits 1895 wurde in Leipzig ein Automat aufgestellt, der Zigarren als Gewinn ausspuckte – eine frühe Form des Sachpreisgewinns, bei dem der Überraschungseffekt im Vordergrund stand.
Ein ikonischer Vertreter dieser Zeit war der Bajazzo, eine Automatenfigur, die mit einem beweglichen Mund oder Hut ausgestattet war. Ziel des Spiels: Kleine Kugeln so zu lenken, dass sie im „Gewinnbereich“ landeten.

Entwickelt von der Firma Max Jentzsch & Meerz, standen diese Geräte bald in Kneipen, Cafés und auf Volksfesten. Der Bajazzo war kein Glücksspiel im engeren Sinn – aber ein Publikumsmagnet mit Spielfreude.
Rückschritte und Neustart
In den 1930er-Jahren wurden Glücksspielgeräte unter dem NS-Regime zunehmend reglementiert und schließlich verboten – eine Pause für die Industrie. Doch nach dem Krieg folgte der Neustart: Ab 1949 wurde der Markt neu belebt.
Unternehmen wie NSM-Löwen (hervorgegangen aus der Firma Niedersächsische Spielautomaten- und Musikmaschinen-Manufaktur), Wulff und später Gauselmann brachten neue Automaten heraus – oft einfache elektromechanische Geräte wie der Triumph oder der Totomat, die durch ihre robuste Technik und ihre Präsenz in Gaststätten Kultstatus erlangten.
Vom Kneipenkult zur Spielhallenindustrie
Im Wirtschaftswunder-Deutschland entwickelten sich Spielautomaten vom Kneipen-Gimmick zum Massenphänomen. Vor allem mit der Einführung von Mindestspielzeiten und Einsatzgrenzen wurde der Markt in geordnete Bahnen gelenkt – was viele Hersteller zu echten Innovationsschüben trieb.
Die 1952 eingeführte Rotamint-Serie von NSM steht heute exemplarisch für diese Übergangszeit: vom mechanischen Charme zum elektrischen Nervenkitzel. Mit zunehmender Digitalisierung und der Einführung von Videotechnik ab den 1980er-Jahren veränderten sich die Geräte radikal – das Prinzip aber blieb: Spiel, Spannung, Hoffnung auf den Gewinn.
Der erste große Wurf von NSM (heute Löwen Entertainment): Eine elektrisch angetriebene Drehscheibenmaschine, montiert als Wandgerät mit metallischer Front und großen Sichtfenstern. Drei rotierende Scheiben und ein manuelles Bremssystem machten jede Runde zum Spannungsmoment.
Das Besondere: Die Spieler hatten durch das Stoppen der Scheiben ein Gefühl von Kontrolle – psychologisch clever und technisch innovativ.
→ Über 25.000 Geräte wurden binnen kurzer Zeit verkauft – ein Start, der NSM an die Spitze der Branche brachte.
Bekannte Exemplare der Rotamint-Reihe
Rotamint Rheingold (1961)
Der Name „Rheingold“ spielt auf Richard Wagners Oper oder den sagenumwobenen Schatz des Rheins an – typisch für die 60er-Jahre, wo viele Automaten mythisch oder glamourös benannt wurden. Auch das Gehäusedesign hatte oft Gold- oder Metalltöne, passend zur Namensgebung. Das Gerät war ein klassischer elektromechanischer Drehscheibenautomat mit rotierenden Scheiben.

Ein solches Gerät wurde am Donnerstag, den 12. Juni 2025 bei Bares für Rares versteigert. Mitgebracht hatte es ein sympathisches, älteres Paar aus Nierstein in Rheinland-Pfalz. Sie wünschten sich schmale 40€, wissend, dass der Automat nicht mehr richtig funktioniert. Expertin Annika Raßbach schätzte ihn auf 50 bis 80€.
Gekauft hat ihn schließlich Jos von Katwijk, der bereit war, stattliche 200€ auf den Tisch zu legen. Die wandern nun an die Krebshilfe aus Mainz, denn das Besitzerpaar möchte den Erlös spenden.
Rotamint Fortuna (1968)
Die Fortuna führte das Prinzip weiter – nun mit einem 20-Pfennig-Einsatz und einer besonderen Funktion.

Der „Verlustleiter“, ein Mechanismus, der bei vielen erfolglosen Spielen automatisch einen kleinen Gewinn ausspuckte. Mit Symbolen wie Sonnen und Schornsteinfegern griff man populäre Glücksmotive auf.
Rotamint Exquisit Juwel (1976)
Höherwertig, aufwändiger gestaltet und mit mehr Bling: Der „Exquisit Juwel“ erlaubte nun Spieleinsätze von 30 Pfennig, punktete mit glamouröser Front in Rot oder seltenem Grün – und war damit ein echter Hingucker in Bars und Spielotheken.

Rotamint Super 70
Die Super 70-Serie kombinierte die klassische Mechanik mit neuen elektrischen Elementen. Lichter, Töne und verbesserte Zufallsgeneratoren machten das Spiel abwechslungsreicher – der Beginn der elektronischen Automaten-Ära.
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Spiel- und Warenautomaten
Die Geschichte der Spielautomaten in Deutschland ist nicht nur die einer technische Entwicklung – sie ist ein Spiegel gesellschaftlicher Stimmungen, gesetzlicher Rahmenbedingungen und nicht zuletzt des menschlichen Spieltriebs.

Infobox: Historie der deutschen Spielautomaten‑Industrie
Jahr | Meilenstein |
---|---|
1895 | Erster deutscher Automat (Leipzig): Zigarren als Gewinne |
1903 | Gründung Max Jentzsch & Meerz – später Entwickler des Bajazzo |
1933–1945 | Automatenverbot im Nationalsozialismus |
1949 | Neugründungen: NSM-Löwen, Wulff – erste Erfolgstitel wie „Triumph“ |
1952 | Rotamint kommt auf den Markt – elektrisches Drehscheibenspiel |
1953 | Neue Spielverordnung – Einsatzbegrenzung & Mindestspielzeit |
1970er | Elektronik hält Einzug: „Rotamint Super 70“ & „Exquisit“-Reihe |
1977 | Gauselmann bringt den Erfolgsautomaten „Merkur B“ |
1990er–2000er | Videospielautomaten, Multigame-Konzepte und digitale Steuerung |
2022 | Über 160.000 Automaten in Deutschland, fast 900 Mio. Euro Steuerertrag |