Erdal: Von der Mainzer Wachsfabrik zur Ikone der Markenwelt

Kaum ein Symbol der deutschen Werbegeschichte ist so charmant und zugleich so beständig wie der rote Erdal-Frosch. Seit über einem Jahrhundert steht er für gepflegte Schuhe, solide Qualität und die Kunst, Alltägliches mit Persönlichkeit zu versehen.

Der Erdal-Frosch, noch in Grün, auf einem seltenen Emailschild im Format 30 x 40 cm, gewölbt, schabloniert und umgedruckt, bezeichnet: Brüder Gottlieb & Brauchbar, Brünn. (Bild: Micky Waue)

Die Geschichte beginnt 1867 in Mainz. Dort gründen Friedrich Christoph und Georg Werner eine Wachs- und Wachswarenfabrik, bald ergänzt durch Georg Mertz – Werner & Mertz war geboren. Was mit Kerzen und Siegellack beginnt, entwickelt sich rasch zu einem Industriebetrieb, der auf Qualität und Innovation setzt.

Um 1900 sucht man neue Geschäftsfelder, und aus der Erfahrung mit Wachs entsteht eine Idee, die das Unternehmen berühmt machen sollte: Schuhcreme. 1901 wird die Marke Erdal eingetragen, benannt nach der Mainzer Erthalstraße, wobei „Erthal“ im lokalen Dialekt „Erdal“ ausgesprochen wird.

Der Name klingt bodenständig, beinahe volkstümlich, und spiegelt die Herkunft wider. Erdal – das war keine Luxusmarke, sondern ein zuverlässiger Begleiter für den Alltag.

Der Frosch betritt die Bühne

1903 taucht er dann erstmals auf: ein kleiner, grüner, naturgetreuer Frosch mit Krone, der bald als „Froschkönig“ bekannt wird. Mit einem Augenzwinkern verweist er auf das Märchen, in dem aus einem Frosch ein Prinz wird – eine Symbolik, die perfekt zu einem Produkt passt, das aus abgetragenen Schuhen wieder glänzende macht.

Der beliebte Frosch auf einem eindrucksvollen Emailschild mit ganzen 70 Zentimetern Durchmesser aus der Zeit um 1930. (Bild: Pari Auktionen)

Nach dem Ersten Weltkrieg erlebt das Unternehmen eine Zäsur. Rohstoffmangel hatte die Qualität beeinträchtigt, und so wird der Frosch rot eingefärbt – als Zeichen, dass die (Vorkriegs)-Originalqualität zurückgekehrt ist.

Der rote Frosch bleibt seither das Markenzeichen und entwickelt sich über Jahrzehnte weiter: mal als naturalistische Figur, mal als stilisierte, fast grafische Form. Der sogenannte Froschturm am Mainzer Firmensitz, mit seiner weithin sichtbaren roten Figur, wurde zum Wahrzeichen – ein Stück Markenarchitektur.

Der Froschturm, ein Mainzer Wahrzeichen

Der Froschturm in Mainz ist ein weithin sichtbarer Werbe- und Wahrnehmungsträger der Marke Erdal: ein hoher Turm, bekrönt von der Figur eines roten, goldgekrönten Froschkönigs, dem bekannten Markenzeichen der Schuhcreme.

Froschturm mit renoviertem Erdalfrosch und Firmengebäude von Werner & Mertz mit Erdalfrosch-Logo im Juli 2024 (Bild: Martin Bahmann, CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons )

Die originale Betonskulptur von 1919 überstand Jahrzehnte, wurde aber 1959 durch eine hohle, von innen beleuchtbare Kunststoffversion ersetzt, eine monumentale Leuchtreklame, die ab 2019 umfangreich restauriert wurde.

Ein Frosch als Zeitzeuge

Erdal war von Anfang an gleichbedeutend mit Schuhpflege. Die Palette reichte von Cremes und Polituren über Imprägniermittel bis zu kleinen Dosen für die Reise. Doch Erdal verstand früh, dass Verpackung selbst zur Werbung werden konnte.

Die Dosen mit dem Froschlogo waren haptisch, robust und wiedererkennbar. Ein Meisterstück der Markenästhetik und innovativ: sie waren die ersten, die mit einem Kipphebel zum leichten Öffnen und Schließen ausgestattet waren. Heute sind gut erhaltene Dosen aus der Anfangszeit begehrte Sammelobjekte.


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In Auktionshäusern, auf Sammlerbörsen und online werden auch historische Erdal-Emailschilder, Blechplakate, Verkaufsständer, ja sogar Spardosen mit dem Frosch gehandelt – stumme Zeugen einer frühen Reklame-Ära.

Die Erdal-Werbung war immer mehr als reine Produktinformation. Sie war Inszenierung und traf den Nerv der Zeit. Nach dem Ersten Weltkrieg lautete einer der bekanntesten Slogans: „Qualität wie vor 1914“ – eine nostalgische Botschaft, die Vertrauen schuf.

Paradebeispiel für gelungene Identitätspflege

Erdal ist mehr als eine Marke. Es ist ein Stück deutscher Alltagskultur, das über Generationen hinweg Beständigkeit verkörpert. Der Frosch, einst als launige Märchenfigur erdacht, wurde zum Symbol für Glanz, Sorgfalt und ein Stück Heimatgefühl.

Frühe Spardose in Form des Erdal-Frosches aus den 1920er Jahren. Die Spardose existiert auch in einer etwas späteren Version, mit etwas niedrigerem Sockel und je vier statt fünf Zehen. (Bild: Sammler.Net)

Für Sammler historischer Reklame sind alte Erdal-Schilder und Dosen begehrte Zeugnisse einer vergangenen Epoche und für Markenhistoriker ist Erdal ein Paradebeispiel für gelungene Identitätspflege.

Für all jene aber, die morgens in frisch polierte Schuhe schlüpfen, bleibt der kleine rote Frosch das, was er immer war: ein stiller König der Alltagsschönheit.

Von der Schuhcreme zum Nachhaltigkeitssymbol

Mit den Jahrzehnten wandelte sich nicht nur der Markt, sondern auch das Bewusstsein für Umwelt und Verantwortung. Werner & Mertz reagierte darauf, ohne die Wurzeln zu vergessen.

In den 1980er-Jahren entstand die Marke “Frosch”, deren Name bewusst an den Erdal-Frosch anknüpft – diesmal jedoch als Symbol für ökologische Sauberkeit.


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In den 1980ern entstand die Marke Frosch, deren Name bewusst an den Erdal-Frosch anknüpft – diesmal jedoch als Symbol für ökologische Sauberkeit.

Erdal selbst modernisierte sich ebenfalls: lösungsmittelfreie Rezepturen, nachhaltige Verpackungen, transparente Produktionsprozesse. Der Frosch blieb, was er immer war – ein Bote des Vertrauens. Heute steht er nicht nur für Schuhpflege, sondern für eine ganze Unternehmensphilosophie, die Tradition und Zukunft miteinander verbindet.

Erdal-Logo in den Niederlanden: Pelikan statt Frosch

In Amersfoort existierte die NV Maatschappij voor Wasverwerking Erdal, eine niederländische Tochter bzw. Niederlassung von Erdal, die eigene Produkte herstellte und vertrieb. Um die Eigenständigkeit zu unterstreichen wurde daher in den Niederlanden das Markenbild verändert: Man ersetzte den Frosch durch einen Pelikan.

Der Pelikan wurde gewählt, weil er – laut dem Buch “De Erdalfabriek, glansrijk middelpunt van Nederland” von Jan Carel van Dijk – im frühen Christentum für Pflege, Fürsorge und Fürsorgepflicht stand, etwas ähnlich „Pflegendes“, das auch der Frosch symbolisiert, aber mit einem anderem Bild.

“Rotpelikan” statt “Rotfrosch”: Niederländisches Emailschild.
(Bild: Wormser Reklame-Auktion)

Schon bevor das Werk vollständig in niederländischen Besitz überging, wurde der Frosch offiziell „untergedompeld“, also zurückgedrängt, und durch das Pelikan-Emblem ersetzt.

In der Fabrik und in Werbemitteln finden sich diese Pelikan-Logos, z. B. auf Kacheln aus dem Jahr 1957, die bis heute in Gebäuden des Werkkomplexes erhalten blieben. Auch Emailschilder, Blechschilder und Co. existieren mit Pelikan statt Frosch.


KURZINFOS

  • Markeneintragung: 1901, als Wortmarke
  • Bildzeichen eingeführt: 1903, als grüner Frosch mit Krone
  • Farbe Rot: ab 1918, als Symbol für wiedergewonnene Originalqualität
  • Niederlande: Pelikan statt Frosch
  • Hersteller: Werner & Mertz GmbH, Mainz
  • Heute: Teil einer Markenfamilie mit Fokus auf Nachhaltigkeit (u. a. „Frosch“-Reinigungsmittel)

Zeigt uns eure Erdal-Schilder und anderen Schätze!

Du hast selbst tolle Schilder oder andere Objekte mit Werbung für Erdal in deiner Sammlung? Dann hinterlass doch für alle Interessierten Fotos davon im Kommentarbereich unter diesem Beitrag: der orangefarbene Button mit der Sprechblase – unten links – bringt dich direkt zum Formular!

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