Fario Carino, Luxemburger Flohmarkt-Original, mit 85 Jahren verstorben

Im Alter von 85 Jahren verstarb am 23. Oktober 2025 der bekannte Luxemburger “Brocanteur” Fario Carino aus Düdelingen. Als Nachruf veröffentlicht Sammler.Net hier noch einmal das Porträt, das François Besch im Juli 2018 für das Tageblatt gezeichnet hatte.

Dass er die 77 bereits überschritten hat, würde man niemals denken, wenn man ihn auf dem Flohmarkt auf der place d’Armes hinter seinem Stand, gleich gegenüber dem Cercle-Gebäude, stehen sieht. „Aber ich spüre das Alter im Rücken“, lächelt er. Und denkt daran, sich vom Trödlerdasein zu verabschieden. Nach mehr als einem halben Jahrhundert …

Fario Carino an seinem Stand auf der Place d’Armes im Frühjahr 2018. Mehr als ein halbes Jahrhundert gehörte er zum festen Inventar des Flohmarkt in Luxemburg-Stadt. (Bilder: François Besch / Tageblatt.lu)

Er ist der „Doyen“ unter den Flohmarkthändlern Luxemburgs. Fario Carino, am 23. Dezember 1939 als letztes von insgesamt neun Kindern einer aus Padua stammenden Einwandererfamilie im Düdelinger Viertel Italien geboren, gehört seit Anfang der 1960er-Jahre zu den „Brocanteuren“.

Topf statt Tarzan

Eine Leidenschaft, die bei ihm schon als Kind heranwuchs. Während sich seine Freunde drinnen im Kino „Tarzan“ reinzogen, stand er nur davor und guckte sich die Szenenfotos in den Vitrinen an. Die fünf Franken Eintrittsgeld hatte er nicht mehr, weil er dafür zuvor lieber von einer „alten Dame“ einen noch „älteren Topf“ gekauft hatte.

„Ich gab schon als Kind mein Geld lieber für alte Sachen aus.“ Die er dann später mit Gewinn wieder veräußerte. Die Liebe zu Antiquitäten und Trödel sowie ein ausgeprägter Geschäftssinn waren ideale Voraussetzungen für seine Zukunft als Flohmarkthändler.


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„Aber leben kann man davon nicht“, erklärt Fario. „Ich hatte glücklicherweise eine gute Stelle im Kaltwalzwerk von Arbed Düdelingen. Der Flohmarkt war immer nur ein Hobby.“ Ein lukratives nichtsdestotrotz.

Einen Koffer in jeder Hand

Heute gehört ihm neben dem selbsterbauten Haus in Düdelingen in Kayl ein recht beeindruckendes Areal. Hier betreibt er in einer Halle einen riesigen Trödelladen, der dienstags von 15 bis 18 Uhr geöffnet hat. Zwei weitere Hallen, die er gebaut hat, hat er an kleine Industrieunternehmen vermietet.

„Das war ein glücklicher Zufall, dass ich vor Jahren dieses Stück Land erwerben konnte.“ So beeindruckend sein Laden neben den angeschlossenen Lagern auch ist, angefangen hatte alles in ganz kleinem Format. „Ich besaß weder Führerschein noch Auto, packte zwei Koffer mit Waren und fuhr dann mit dem Zug in die Hauptstadt.“

Dort gehörte er zu den Ersten, die regelmäßig beim „Floumaart“ mitmachten, der am Fischmarkt „Ënnert de Steiler“ abgehalten wurde. Erst später fand die Veranstaltung auf der „Plëss“ statt, dann viele Jahre lang auf dem Theaterplatz und schließlich wieder auf dem bekanntesten Platz der Hauptstadt.

Nach und nach wuchs der Fundus

Nach und nach wuchs der Fundus von Fario. Und irgendwann musste er sich Führerschein und Lieferwagen zulegen. „Damals brachte ich auch Möbel zum Flohmarkt mit. Doch etliche Jahre später war’s damit vorbei: Sie ließen sich nicht mehr verkaufen.“


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Ohnehin schlug (und schlägt) sein Herz vor allem für Objekte aus Porzellan. Und andere schöne Dinge. Doch auch was solche Sachen angeht, sei die goldene Flohmarkt-Ära längst vorbei, bedauert Fario. Das sei nicht erst seit der Finanzkrise von 2008 so.

„Früher konnte man mit alten Waffel- und Bügeleisen die Leute begeistern. Doch das ist längst passé. So gut wie nichts lässt sich noch verkaufen.“ Trotzdem: Farios Leidenschaft für den Flohmarkt ist ungebrochen. Auch wenn er inzwischen ans Aufhören denkt und seinen Fundus, inklusive Lieferwagen, am liebsten „en bloc“ verkaufen würde.

Herr der Bananenkisten

Wussten Sie eigentlich, was das am häufigsten zweckentfremdete Verpackungsmaterial der Welt ist? Richtig: Bananenkisten! Und in Fario Carinos Lager findet man viele davon. Sehr viele!

Fario Carino inmitten seiner Bananenkisten: Rund 1.000 Stück hatte er gelagert, prallvoll mit Flohmarktware

Laut eigenen Angaben rund 1.000 Stück, voll mit Flohmarktware. Bis zur Decke ist die kleine Halle gefüllt. „Etwa 30 davon nehme ich jedes Mal zum Flohmarkt mit. Und wechsle sie regelmäßig aus, sodass die Kunden immer etwas Neues entdecken. Sonst wäre es ja auch für mich langweilig.“

Übrigens: Eine Bananenkiste kann mit fast 23 Kilogramm Bananen (oder eben auch Trödel) gefüllt werden. Sie ist standardmäßig 24cm hoch, 54 cm breit und 39 cm tief. Das entspricht einem Volumen von ca.0,05 m3. Bei 1.000 Kisten sind das nicht weniger als 50 m3.

Die Kisten werden vorzugsweise zum Archivieren von beispielsweise Büchern genutzt, halten als Umzugskartons her und kommen bei humanitären Transporten zum Einsatz.

Auf einen Schlag dreifacher Vater

Fario war übrigens lange ein eingefleischter Junggeselle. Erst als er 49 war, änderte sich dies. 20 Jahre ist seine Frau Mariette jünger als er. Ihr gemeinsamer Sohn und zwei Töchter aus Mariettes Ehe machten ihn mit 50 auf einen Schlag zum dreifachen Vater.

Fario und Mariette im einstigen Kayler Trödelladen

Inzwischen ist er auch Opa. Und wer weiß, vielleicht hat er ja bald mehr Zeit für seine Enkel … Sofern sich jemand findet, der Idealismus und Fleiß mitbringt: „Das ist nichts für Langschläfer. Aber es macht viel Freude, wenn man Spaß an alten Sachen und dem Kontakt zu Menschen hat!“

Soweit der Tageblatt-Beitrag vom 27. Juli 2018. Den Hinterbliebenen wünscht Sammler.Net sein aufrichtiges Beileid. Fario war ein echtes Original! Er fehlt!


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