Wer Tungsram hört, denkt sofort an Glühbirnen und strahlendes Licht. Doch hinter dem Namen steckt weit mehr: eine Unternehmensgeschichte, die Innovation, Weltwirtschaft und Kulturgeschichte verbindet – und bis heute Sammler von Plakaten, Blech- und Emailschildern fasziniert.

Die Geschichte beginnt 1862, als Béla Egger – geboren am 18. Mai 1831 in Ofen (historischer deutscher Name der westlichen Stadthälfte von Budapest) und gestorben am 5. Juli 1910 in St. Christophen, Niederösterreich – in Wien eine Werkstätte für Telegrafentechnik gründete.
Er begann, bald nach den Erfolgen Edisons, dort Glühlampen herzustellen, und erweiterte sein Geschäft mit einer Niederlassung in Budapest. Dort trieb er nicht nur die Serienproduktion voran, sondern investierte auch in die Weiterentwicklung seiner Lampen.
Zeitweise arbeitete er eng mit dem Wiener Elektroingenieur Johann Kremenzky zusammen, was der jungen Branche wichtige Impulse gab. Der eigentliche Aufschwung kam in Budapest: 1896 gründete die von Egger ins Leben gerufene „Vereinigte Elektrizitäts AG“ gleich zwei Fabriken, die sich auf die Fertigung von Glühlampen spezialisierten.
Tungsten und Wolfram: Zwei Namen für ein Element
In diesem Umfeld wirkte auch Lipót Aschner, der später als prägende Persönlichkeit des Unternehmens gelten sollte. Den entscheidenden technischen Durchbruch erzielten jedoch 1903 die beiden Forscher Franjo Hanaman und Sándor Just, die den Wolfram-Glühfaden entwickelten.
Dieser machte die Lampen langlebiger und heller – eine Revolution, die Tungsram an die Spitze der Branche katapultierte. Dort stieß man auch auf einen Konkurrenten aus Deutschland: Osram.
1909 erhielt das Unternehmen seinen Namen: Tungsram, eine Mischung aus „Tungsten“ und „Wolfram“. Die beiden Begriffe bezeichnen das gleiche Schwermetall.
“Wolfram” ist die deutsche Bezeichnung (und wird in den meisten europäischen Sprachen verwendet), während “Tungsten” der englische und französische Name für dieses Element ist, abgeleitet vom schwedischen Wort für “schwerer Stein”.
Von Anfang an trat die Marke mit einem klaren visuellen Profil auf. Verpackungen, Anzeigen in Zeitungen und Magazinen sowie Schilder aus Pappe, Blech oder in Emaille sorgten dafür, dass die neue Technologie auch im Alltag sichtbar wurde.
Strahlende Zwischenkriegszeit
In den 1920er- und 1930er-Jahren wurde Tungsram zu einem internationalen Konzern. Das firmeneigene Forschungsinstitut entwickelte die Kryptonlampe, und die Marke eroberte mit ihrem „T im Kreis“-Logo auch den Exportmarkt.
Parallel dazu entstand eine Fülle an Werbemitteln: kunstvolle Plakate im Jugendstil, Art-Deco-Schilder mit gleißenden Lichtstrahlen, emaillierte Tafeln für Werkstätten und Läden. Für Sammler sind diese Stücke heute gesuchte Objekten der Industrie- und Reklamegeschichte.

(Bild: Wormser Reklame-Auktion / Invaluable.com)
“Röhrenkopf”: Ein Highlight der 38. Wormser Reklame-Auktion
Eine der ganz großen Raritäten aus diesem Bereich stellt für Sammler Historischer Reklame ein Emailschild im Bauahus-Stil dar. Am kommenden Samstag wird an Tag 2 der 38. Wormser Reklame-Auktion (Siehe auch: Anís del Mono und die Geschichte eines Affen, der (nicht nur) Spanien eroberte) ein solches Schild versteigert.
Im Auktionskatalog heißt es dazu u.a.: “(…) als Röhrenkopf in der Alten Reklameszene verehrt, ziert diese Grafik nicht von ungefähr den Ausstellungskatalog “Enamel Icons” des “The Macao Museum of Art”. Wenn auch bis dato mit unbekanntem Künstler gelistet, ist der in strengstem Bauhaus-Stil gehaltene Entwurf legendär. Selten hat ein Grafiker es geschafft, ein Produkt so markant zu bewerben.”
Auf bis zu 80.000€ wird das mit 24 x 35 cm kleine Emailschild von den Auktionsmachern aus Worms geschätzt. Man darf gespannt sein, Sammler.Net wird im Anschluss an die Auktion, wie gewohnt, berichten.

(Bild: Wormser Reklame-Auktion / Invaluable.com)
Glanz und Alltag im Sozialismus
Nach 1945 wurde Tungsram verstaatlicht und blieb als Vorzeigebetrieb der ungarischen Planwirtschaft international konkurrenzfähig.
Produziert wurden nun auch Elektronen- und Fernsehröhren. Werbung spielte weiter eine Rolle – wenngleich nüchterner und zweckgebundener.
Blech- und Emailschilder, Ascher oder auch Verpackungen der 1950er-Jahre in minimalistischer Grafik sind heute begehrte Zeitzeugnisse dieser Epoche.

Ende einer Ära: 2022 wurde Konkurs angemeldet
Mit der Übernahme durch General Electric 1989 begann ein neues Kapitel. Zwar wurde modernisiert, doch die klassische Glühbirne verschwand Schritt für Schritt aus den Regalen. Nach einem kurzen Comeback als eigenständiges Unternehmen musste Tungsram 2022 Insolvenz anmelden.
Für Sammler historischer Werbeobjekte aber bleibt Tungsram lebendig. Emailschilder, Plakate und Verpackungen erzählen von der Sehnsucht nach technischem Fortschritt und von der Kunst, Licht zu verkaufen. Jedes Stück ist ein kleines Leuchtfeuer der Industriegeschichte – und eine Einladung, diese Ära im eigenen Wohnzimmer neu erstrahlen zu lassen.
Zeigt uns eure Tungsram-Schilder und anderen Schätze!
Du hast selbst tolle Schilder oder andere Objekte mit Werbung für Tungsram in deiner Sammlung? Dann hinterlass doch für alle Interessierten Fotos davon im Kommentarbereich unter diesem Beitrag: der orangefarbene Button mit der Sprechblase – unten links – bringt dich direkt zum Formular!

Der Name Osram war ebenfalls ein Kunstwort, zusammengesetzt aus den Elementen Osmium und Wolfram. Der Name wurde von Carl Auer von Welsbach erfunden und bereits 1906 geschützt als “Deutsche Gasglühlicht-Anstalt”. Auch der Name Wotan war ein Kofferwort aus Wolfram und Tantal, bereits Anfang des 20. Jahrhunderts benutzt von Siemens&Halske. Anbei zwei Schilder aus dieser Frühzeit der Glühlampen aus meiner Sammlung.
Danke für deinen informativen Kommentar! Leider ist nur das Wotan hier als Bild angekommen. Tolles Schild!
Vielleicht kannst Du das zweite nochmal einstellen?
Über Osram berichteten wir vor kurzem: Emailschilder – Emailschilder, Glühbirnen, Kult: Osram und die Sehnsucht nach Licht