Ganz schön skurril: Die Geschichte vom „Katzenfellmann“

Im Bereich der Historischen Reklame gibt es so manch Skurriles. Dazu zählt mit Sicherheit diese Werbefigur der Firma von Emil Steingraf aus Leipzig, die um 1920/25 gegründet wurde, später unter Erich Steingraf auch über Niederlassungen in Bad Homburg und Frankfurt verfügte, und 2011 in Konkurs ging. Spezialisiert war das Unternehmen auf die Verarbeitung von Katzenfellen zur vermeintlichen Behandlung von Rheumaleiden …

Hier steht sie nun, die als „Katzenfellmann“ in die Reklamegeschichte eingegangene Werbefigur aus bemaltem Gips und mit Original-Katzenfellteilen bestückt. Gut 70 Zentimeter hoch ist sie und kleine Zettel informieren über die Funktion der verschiedenen Fellteile: Leib- und Nierenschutz, Knieschützer, Ischias-Hose, Brust- bzw. Rückenschützer usw. kann man auf diesen lesen.

Schon vor dem Ersten Weltkrieg wurden Katzenfelle bei Rheumaerkrankungen (als Leibwärmer) genutzt. Als Handelsartikel waren sie auch nach dem Zweiten Weltkrieg relativ häufig.

Die Werbefigur der Unternehmerfamilie Steingraf war ab ca. 1935 bis in die 1980er Jahre in den Schaufenstern von Apotheken und Drogerien zu sehen (Bilder: Sammler.Net)

Es war in Leipzig, einem Zentrum der deutschen Rauchwaren-Industrie, wo Emil Steingraf in den späten 1920er Jahren damit begann, Katzenfelle so zuzubereiten, dass sie als Bandagen dienen konnten, deren magische Wirkung auf rheumatische Erkrankungen der Unternehmer pries.

Die Firma „Erich Steingraf – Leipzig – Rauchwaren, Spez. Katzenfelle“ hatte mit ihren Produkten Erfolg und konnte nach dem Zweite Weltkrieg expandieren: Es folgten Niederlassungen in Frankfurt und Bad Homburg. Noch viele Jahrzehnte sollte an den Standorten Katzenfell zu Bandagen verarbeitet werden, bevor in der Öffentlichkeit immer stärker Kritik ausgeübt wurde.

Brief von Erich Steingraf an einen Tierfell-Rohwarenhändler. Der Begriff Rauchwaren leitet sich vom Adjektiv rauh/rau ab und bezeichnet im Pelzhandel die zugerichteten, gegerbte aber noch nicht zu Pelz verarbeitete Tierfelle. In Österreich werden diese Tierteile als Rauwaren bezeichnet. Um 1940 (Bild: sachsen.digital)

1999 veröffentlichte das ARD-Magazin Panorama eine Dokumentation, in welcher u.a. suggeriert wurde, das in Bad Homburg verarbeitete Fell (ca. eine halbe Million Stück pro Jahr) würde in China Katzen bei lebendigem Leib abgezogen. In einem diesbezüglich erschienenen Interview in der Zeitschrift Junge Freiheit betont der Unternehmensleiter darauf angesprochen: „Die Recherche wird immer so weit betrieben, bis man das Ergebnis hat, das einem in die Schusslinie paßt und genügend Munition liefert. Ich möchte nicht sagen, daß es diese Situationen nicht gibt, aber es ist absolut nicht die Normalität. Die Situationen, die dargestellt wurden, sind Extremsituationen. Der ganze Beitrag ist dazu bestimmt, das Handeln und Verarbeiten von Hauskatzenfellen unmöglich zu machen.“

Das zu dem Zeitpunkt bereits herabgekommen wirkende Firmengebäude in der Nähe von Frankfurt um 1999 (Screenshot: ARD-Panorama)

Panorama-Sendung von 1999 (um die Firma Steingraf geht es ab Minute 7)

Das Video – Nichts für schwache Nerven – finden Sie hier!
Ein Produkt aus dem Hause Steingraf – Um 1960 (Bild: Thomas Wydra)

Im selben Interview erklärt er, dass er bereits 1994 wegen der Produktion von Katzenfell-Bandagen bedroht wurde: „1994 wurde bei mir ein Überfall deutscher und englischer Tierschutzgruppen vereitelt. Ich hatte acht Wochen Polizeischutz. Bis heute ist auf meinem Hausdach eine Übertragungsanlage mit direktem Kontakt zur Polizeiwache. Die Geschichten sind also nicht so harmlos, wie sie manchmal klingen.“

Wie dem auch sei: Die Geschäfte liefen nach und nach immer schlechter und als 2007 eine EU-Verordnung den Handel mit Katzen- und Hundefellen untersagte, war das gleichbedeutend mit dem Todesurteil für die Gesellschaft, die schließlich 2011 ihre Aktivitäten ganz einstellte …

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