Produkte, die Sie brauchen!

Ein Schild und seine Geschichte: „Kilvoufo“ – ein selbsterklärender Markenname in Frankreich

Es sind auch Momente wie diese, die das Sammeln historischer Reklameobjekte so faszinierend machen: Man sieht ein Schild, das einem sofort gefällt! Doch für was wird hier eigentlich geworben? Also macht man sich ans Werk und versucht näheres über das angepriesene Produkt herauszufinden. Genau so war es auch diesmal, als ich ein doppelseitiges Emailschild in den Händen hielt, das ich kurz zuvor in Worms ersteigert hatte. Eines mit einem zugegeben doch rassistischen Motiv, das in der heutigen Gesellschaft niemals verwendet würde, vor 80, 90 Jahren aber sehr beliebt war.

Das emaillierte Reklameplakat auf schwerem Stahlblech zeigt auf beiden Seiten dasselbe Motiv: Eine gutgelaunte Figur mit angehobenen Händen und weit gesprizten Fingern blickt den Betrachter an. Produziert wurde es wohl gegen Ende der 1920er Jahre. Hersteller war das Emaillierwerk „Email Japy“, das seit 1824 in Voujaucourt in der Region Bourgogne-Franche-Comté angesiedelt war.

Geworben wird auf dem Schild für nicht näher definierte Produkte. Diese tragen aber den für alle, die der französischen Sprache nicht mächtig sind, wohl nichtssagenden Namen KILVOUFO. Und als Werbefigur dient eine freunliche „schwarze Schönheit„. Sie erinnert, vor allem auf den ersten Versionen des Markenlogos (wie sie auf alten Rechnungen, Lieferscheinen, usw. usf. auftauchen), mehr oder weniger an Josephine Baker.

Das Paris der 1920er und 1930er Jahre hatte die legendäre Josephine Baker zum ersten international bekannten, schwarzen Star gemacht. Im Schatten dieser Ikone der Show-Welt machte sich damals eine ganze Generation schwarzer, amerikanischer Künstler auf den beschwerlichen Weg über den Atlantik. Viele von ihnen ließen sich in Frankreich nieder, in Paris aber auch in anderen größeren Städten.

Anlässlich der Kolonialausstellung von 1931 gab es so genannte „Menschenzoos“ in Paris (Bild: Arch. dép. Puy-de-Dôme, T 1475)

All die zugewanderten Maler, Musiker und Schriftsteller stießen hier auf eine – im Vergleich zu den in den USA herrschenden Gegebenheiten – scheinbar beispiellose Freiheit. Aber Frankreich, das damals an der Spitze eines Kolonialimperiums stand, beutete andere Schwarze aus: viele wurden auch hier Opfer einer rassistischen Politik, vor der sie ja aus der alten Heimat geflohen waren. Noch 1931 etwa wurden im Herzen von Paris schwarze Männer in sogenannten „Menschenzoos“ ausgestellt.

 “Qu’il vous faut”

Damals bediente sich auch die Werbebranche dieses exotischen Klischees und warb, wie im Falle von KILVOUFO (ausgesprochen: killwufo), mit an die Baker erinnernden Figuren, für ihre Produkte. Der Name KILVOUFO steht dabei als Lautmalerei für den Ausdruck „Qu’il vous faut“, was soviel heißt wie „was Sie brauchen“. Und „Les produits KILVOUFO en vente ici“ heißt somit „Die Produkte, die Sie brauchen, sind hier im Verkauf“. Eine ähnliche Wortspielerei findet man auf einer Dubonnet-Plakatreihe von A. M. Cassandre.

Das Emailplakat ist oben rechts im Randbereich mit „D’après Bournoud“, also „Nach Bournoud“ signiert. Leider findet sich in der einschlägigen Literatur und selbst im allwissenden Internet nichts zu diesem Künstler.

Die folgenden Bilder zeigen das Logo von KILVOUFO im Laufe von zwei Jahrzehnten: ab ca. 1928 (oben links), damals noch als barbusige Ganzkörperfigur, bis 1948 (unten rechts):

Ein frühes Plakat des Unternehmens, 62 x 85.5 Zentimeter groß, mit Reklame für Kaffee, (Sammlung: Frédéric Dufetelle)
Kaffeebohnen als Logo-Hintergrund: In der Verrechnungs-Angelegenheit im Brief selbst geht es aber um die Rückvergütung für 726 Kilogramm schlechten Öls. Das Dokument stammt aus dem Jahr 1948.

Die Marke KILVOUFO gehörte dem Großhandelsunternehmen A. Rozier, das in Lyon auf Nummer 3 am Quai de la Pêcherie angesiedelt war. Gehandelt hat die Firma mit allen möglichen Produkten, vor allem aus dem Lebensmittelbereich. Dabei vertrieb sie, bis Anfang der 1950er Jahre, allerlei Güter, wie etwa Kakao, Kaffee aber auch Öle und Parfüm unter dem selbsterklärenden, witzigen Markennamen.

Farbenfrohe Etiketten in Krawattenform, fein lithografiert auf dünnem Karton: Reklame für Parfüm (Eau de Cologne, Kölnisch Wasser) der Marke KILVOUFO

Übrigens gibt es auch heute noch ein Unternehmen gleichen Namens in Nordfrankreich. Auch hier handelt es sich um ein Großhandelsunternehmen, aber eins, das auf den Verkauf von Spielzeug-Artikeln für Kirmes- und Marktleute spezialisiert ist. Es steht – mit Ausnahme des Markennamens – in keinerlei Beziehung zu den KILVOUFO-Produkten von Rozier in Lyon.

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