Fröhliche „Luftfass“-Fahrt um 1910

Rund um ein Genever-Reklame-Plakat der Destillerie Joseph Theunissen in Hasselt (Belgien)

Genever, oder auch Jenever, nennt man einen Wacholderschnaps niederländischer bzw. belgischer Herkunft mit mindestens 35 % vol. Alkoholgehalt. Bis heute wird der Schnaps in traditioneller Rezeptur in verschiedenen Destillerien produziert. In Belgien war Hasselt einst das Epizentrum des Genever. Dort befand sich auch die Brennerei Joseph Theunissen. Heute befindet sich dort das nationale, belgische Genever-Museum.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der traditionelle Genever als Spirituose von Whisky und Gin verdrängt, und viele Brennereien, in den Niederlanden genau so wie in Belgien, stellten nach und nach den Betrieb ein. Doch mitten im Zentrum der Stadt Hasselt, stand auch Jahrzehnte nach deren Schließung immer noch ein Gebäude, das der ehemaligen Brennerei „Theunissen“.

Neben dem Wohnhaus waren verschiedene spezifische Betriebsräume aus dem späten 18. und frühen 19. Jahrhundert erhalten geblieben, darunter ein Malzturm, die Brennerei selbst, eine Scheune, Ochsenställe und eine Likörfabrik.

Die Brennerei wurde wahrscheinlich von J.A.S. Bamps gegründet. Dieser kaufte 1803 einen Hof an diesem Ort und richtete hier vor 1807 eine Branntweinbrennerei ein. Hof und Brennerei wurden im gleichen Jahr an Leo Vaesen verkauft, der sie bis zu seinem Tod (1822) betrieb. Danach kam das Anwesen durch Erbschaft in den Besitz der Familie Stellingwerff, die um 1850 das Anwesen modernisierte (unter anderem durch den Bau des Malzofens) und der Vorderfront ihr heutiges neoklassizistisches Aussehen verlieh.

Theunissen betrieb die Destillerie bis 1938

Im Jahr 1890 schließlich kaufte Jos(eph) Theunissen das Anwesen. Theunissen, der zuvor bereits seit 1787 Genever brannte, erweiterte die Produktionsmöglichkeiten um eine Likörfabrik. Die Familie Theunissen führte die Brennerei bis 1938. 1939 wurde sie an den Brennmeister Vannitsen vermietet. Der letzte Alkohol wurde dort um 1940 gebrannt, aber bis Mitte der 1960er Jahre wurden noch in begrenztem Umfang Liköre hergestellt. Der Aufbau des Komplexes basiert im Wesentlichen immer noch auf dem Grundriss des ehemaligen geschlossenen Bauernhofes und weicht kaum von der Form ab, die auf dem Grundbuchplan von 1844 zu sehen ist.

1973 wurde bekannt, dass die Baulichkeiten abgerissen und durch ein Apartmentgebäude ersetzt werden sollten. Bald kam es zu ersten Kampagnen, die Brennerei zu retten. Dies führte zur Gründung der gemeinnützigen Organisation Tamera Stiftung. Die Rettung der Brennerei wurde zur Priorität, und die Vereinigung beantragte daher den Status als Denkmal. Schließlich handelte es sich um das letzte vollständige Beispiel einer traditionellen Genever-Brennerei in Hasselt.

Am 21. August 1975 führte die Kampagne zum Erfolg. Im Europäischen Jahr des Baukulturerbes unterzeichnete der damalige König Baudouin das Dekret, mit dem die Brennerei zum „Denkmal“ erklärt wurde. Damit wurde sie auch das erste Gebäude in Flandern, das aufgrund seines industriearchäologischen Wertes geschützt wurde. Durch Beschluss vom 12. Juli 2005 wurde der Schutz auf die technischen Anlagen ausgeweitet: Kessel, Destillationskolonnen, Dampfmaschine, Mahlstuhl, usw.

Das Gebäude wurde demnach nicht abgerissen, doch zunächst auch nicht unterhalten: Vandalismus und Witterungseinflüsse hinterließen Spuren. Dachziegel, Balken usw. wurden gestohlen, absichtliche Zerstörungen wurden vorgenommen, zweimal wurde Brandstiftung festgestellt. Die Ziegelsteine des Hinterbaus wurden gestohlen, und einer der Trägerbalken wurde sogar auf die Größe eines Kaminschnitts zurechtgesägt.

Als das Gebäude 1979 öffentlich zum Verkauf angeboten wurde, konnte die Stadt kaum anders, als es selbst zu erwerben. Die dringend erforderliche, umfassende Restaurierung begann im Frühjahr 1983. Da die ursprüngliche technische Brennerei-Anlage um 1950 entfernt worden war, wurde eine solche aus dem 19. Jahrhundert erworben, die aus der ehemaligen Brennerei Servais in Géromont (Malmédy) stammte.

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Eine Dampfmaschine und eine Getreidemühle ergänzen die Anlage. Die Dampfmaschine, hergestellt von der Firma Van Coppenolle in Berchem-Oudenaarde, stammt aus der Dampfmolkerei Sint-Salvator in Booischot, der Mühlenstuhl von der landwirtschaftlichen Brennerei Guilliams in Jeuk und die Getreidemühle aus der Feuermühle von Overrepen. Im Juli 1987 wurde die Restaurierung abgeschlossen, so dass am 16. September desselben Jahres das „Nationale Jenevermuseum“ seine Türen öffnen konnte.

Im Jahr 2005, als die gemeinnützige Organisation „Freunde des Nationalen Jenevermuseums“ fünfundzwanzig Jahre alt wurde, wurden die Aktivisten aus den 1970er Jahren (von denen inzwischen zwei verstorben waren) auf die Bühne gerufen und erhielten vom Stadtrat eine Medaille für „Dienste an der Gesellschaft“. Nach einer gründlichen Anpassung und Modernisierung wurde das Museum am 19.-20. September 2014 feierlich wiedereröffnet.

Im Rahmen der 40-Jahrfeiern des Hasselter Genever-Museums findet derzeit unter dem Namen „IJzersterk“ eine für Reklame-Freunde äußerst interessante Ausstellung statt mit Raritäten aus dem Bereich der Emailschilder, die in Belgien produziert wurden und/oder für belgische Spirituosen werben. Sammler.Net hat darüber berichtet, den entsprechenden Beitrag finden Sie hier!

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