„Bares für Rares“: 450€ für ein offensichtlich gefälschtes „Continental Pneumatic“-Emailschild

Wer auf Sammler.Net nach „Bares für Rares“ sucht, stößt auf eine ganze Reihe von Beiträgen über preisliche Fehleinschätzungen von Objekten aus dem Bereich der Historischen Reklame, speziell von Emailschildern. Irgendwann musste es denn auch so kommen, dass wohl ein „Fake“, sprich ein nachgemachtes und auf alt getrimmtes Schild, den Segen eines der ZDF-Experten bekommt.

Bei diesem Continental Emailschild handelt es sich keineswegs um ein Original
Bei diesem Emailschild handelt es sich keineswegs um ein Original, sondern um ein rezentes, mittels Gewalt und Säure auf alt getrimmtes Plagiat. (Alle Bilder: Screenshot ZDF)

Donnerstag, 14. September 2023. Im Nachmittagsprogramm des Zweiten Deutschen Fernsehens läuft die Sendung „Bares für Rares“ mit Horst Lichter. Ein Ehepaar präsentiert diesem und dem Experten Detlev Kümmel ein Emailschild, das – so die Anbieter – aus einer alten Werkstatt stamme, die der Großvater im Jahr 1948 eröffnet habe, die dann von seinem Vater übernommen wurde und rezent die Türen geschlossen habe.

Bei dem Schild handelt es sich um eins mit Reklame für die Reifen der Marke Continental. Das Original stammt aus der Zeit um 1910-1915, hier unterscheiden sich die Angaben je nach Quelle. Wenn die Werkstatt 1948 eröffnet wurde, dann müsste das Schild den Weg dorthin erst in einer Zeit gefunden haben, in der die Reifen bereits ganz anders aussahen, als das auf dem Werbeträger dargestellte Modell. Es kann demnach nicht als offizieller Continental-Werbeträger für diese Werkstatt gedacht gewesen sein.

Immer mehr Fakes bei Emailschildern! Hier gibt es weitere Infos:

VORSICHT, FÄLSCHUNG!

Mit Sicherheit ist das Schild erst viele Jahrzehnte nach der Werkstattgründung in den Besitz des Betreibers gelangt, denn alles deutet darauf hin, dass es sich um eine erst wenige Monate oder Jahre alte Fälschung handelt, eine Reproduktion, die künstlich gealtert wurde, indem etwa Roststellen und Beschädigungen zugeführt wurden.

Verräterische Rückseite

Ein Blick auf die Rückseite lässt versierte Sammler – echte Experten in Sachen Emailschilder eben – sofort erschaudern: Die uniforme, schwarzgraue Emailschicht ohne die üblichen Farbkleckse und Zeichen (auch noch als „Affenmalerei“ bezeichnet) ist ein klares Anzeichen dafür, dass es ein Schild aus neuerer Produktion ist. Und auch die bei Fälschungen typischen, orangenen Roststellen sprechen die gleiche Sprache!

Die Rückseite mit fehlenden Emaillierungsflecken in den Farben der Vorderseite spricht eindeutig für eine rezente Fälschung, künstlich hervorgerufener, neuer Rost inkusive!

Künstlich herbeigeführt wurden wohl auch die Schlieren im gelben Hintergrund auf der Vorderseite. „Diese künstlichen Schlieren gibt’s eigentlich nur auf Fakes“ erklärte uns gegenüber ein bekannter Sammler. „Und wenn man sich dann die Abplatzer auf der Vorderseite so anschaut, muten die teilweise auch künstlich herbeigeführt an. Die Farbgebung hingegen ist gar nicht schlecht gemacht , es gibt auf jeden Fall schlechtere Fakes.“

Die Qualität der Emaillierung ist übel. Um 1910 arbeitete man exakter!

ZDF-Experte Detlev Kümmel schienen diese Details nicht aufgefallen zu sein. Er erwähnte zwar den wertmindernden Effekt der Beschädigungen, siedelte es zeitlich jedoch als Original an, das um 1910 entstanden sei.

Die Besitzer wollten für das Schild mindestens 100€, Experte Kümmel taxierte es auf 350 bis 500€ und im Händlerraum erwarb es schließlich Händler Wolfgang Pauritsch: „Es ist ein schönes, schönes Ding.“ Er hat 450€ gezahlt – für eine „wertlose, wertlose Fälschung“, darin ist man sich in Reklamesammler-Kreisen in den entsprechenden Gruppen in den sozialen Medien wie Facebook (Historische Reklame, Reklamebox) sicher. Wäre es jedoch ein Original, so läge der Wert in dem Zustand im unteren vierstelligen Bereich …

Hier noch zum Vergleich Vorder- und Rückseite eines Original-Schildes aus einer deutschen Privatsammlung:


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3 Kommentare

  1. Am 23. Februar 2025 folgte im ZDF eine Wiederholung des Beitrags vom September 2023. Händler Wolfgang Pauritsch hatte das Schild, laut eigener Aussage in „BfR Lieblingsstücke“, bis dahin immer noch in seinem Besitz.

    Er wiederholte das, was er bereits bei der Erstausstrahlung, betont hatte, nämlich, dass es einmal im Zuge einer Automobilauktion versteigert werden soll. Das Schild sei sehr rar, wie seine Recherchen ergeben hätten …

    Ist es – als Original – auch! Und wesentlich teurer als 450€. Aber als Fälschung wertlos.

  2. Ich wundere mich über gar nichts mehr. Aber, was ich bedauerlich finde, ist, dass man sich auf rein gar nichts mehr verlassen kann. Wenn die Experten auf diesem Gebiet so unzuverlässig sind, was hier zum Vorschein kommt, weil viele Kenner diese Seite sehen, dann frage ich mich, wie (un)zuverlässig sie auf anderen Gebieten wie Uhren, Schmuck, Spielzeug, Porzellan, Malerei usw. sind?

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