John Boyd Dunlop war Tierarzt, Tüftler und ein Mann mit unerschütterlichem Glauben an seine Ideen. Mit der Erfindung des Luftreifens legte er den Grundstein für eine Weltmarke und veränderte die Mobilität entscheidend. Seine Geschichte, und die von Dunlop, spiegelt Erfindergeist, Industriegeschichte und Reklamekultur gleichermaßen.

Fahrrad mit Luftreifen aus
eigener Produktion.
John Boyd Dunlop wurde am 5. Februar 1840 in Dreghorn, Schottland, geboren. Er stammte aus einer Bauernfamilie, war von Jugend an kränklich, was seine Eltern dazu veranlasste, ihm eine akademische Laufbahn zu ermöglichen.
Mit 19 Jahren schloss er sein Studium am Royal Dick Veterinary College als Tierarzt ab. Nach einigen Stationen ließ er sich in Dublin nieder und betrieb dort seine Tierarztpraxis – eine Tätigkeit, die er bis spät im Leben fortführte.
Seine Beschäftigung mit Gummi und Kautschukmaterialien ging weit über die Berufspflichten hinaus. Als erfinderischer Geist experimentierte er mit Gummiapparaturen über Jahrzehnte hinweg.
1887 entstanden die ersten Luftreifen
Der entscheidende Impuls kam schließlich 1887: Sein Sohn hatte ein Dreirad mit harten Reifen, und Dunlop wollte, dass das Fahren für seinen Sohn leiser und komfortabler wird.
Dabei bastelte er erste Luftreifen: dünne Gummiplatten um die Räder, mit Stoffstreifen stabilisiert, aufgepumpt mit einer einfachen Ballpumpe. Die erste erfolgreiche Probefahrt mit diesen aerischen Reifen fand am 28. Januar 1888 statt.

(Bild: Sammlung eines Mitglieds des Ersten Deutschen Historic-Actien-Clubs e.V.)
Am 7. Dezember 1888 ließ Dunlop dann ein Patent auf seinen Fahrradluftreifen eintragen. Interessanterweise war er damit nicht der allererste Erfinder dieser Idee: Ein schottischer Landsmann, Robert William Thomson, hatte bereits etwa 40 Jahre zuvor ein Patent auf luftgefüllte Reifen angemeldet.
Die Erfindung hatte sich damals allerdings nicht durchgesetzt. Dunlop selbst wusste nichts über seinen Vorgänger und das Patent von Thomson war inzwischen erloschen.
1889: Erste Siege bei Radrennen
Die Verbreitung begann rasch. In Belfast gewann 1889 der Radrennfahrer Willie Hume mit einem mit Dunlop-Reifen ausgestatteten Fahrrad mehrere Rennen, auch gegen etablierte Meister. Diese Sichtbarkeit half, die Idee populär zu machen.
Dunlop gründete zusammen mit Harvey Du Cros (manchmal DuCros geschrieben), einem Unternehmer, die Pneumatic Tyre & Booth’s Cycle Agency. Das Unternehmen stellte zunächst Fahrradreifen her.
Die Marke Dunlop wuchs aus diesen Anfängen in rasantem Tempo. Bereits 1889 wurde das erste Werk in Irland eröffnet. Kurz darauf, 1893, erfolgte die erste Auslandsniederlassung – in Hanau (Deutschland), als The Dunlop Pneumatic Tire Co. GmbH.
Mitbegründer war der Frankfurter Fahrradfabrikant Heinrich Kleyer. Dunlop zog sich 1895 aus dem operativen Geschäft zurück. Seine Gründe: Er mochte die härteren Geschäftsmethoden nicht, insbesondere jene seines Partners Harvey Du Cros.
Er wollte sich wieder seiner Praxis und anderen Investitionen, etwa einer Textilfabrik, zuwenden. 1896 verkaufte John Boyd Dunlop so sein Patent an Du Cros.

Druck: Grimme & Hempel, Berlin.
(Bild: Jörg Weigelt Auktionen | Invaluable)
Dunlop starb am 23. November 1921 in Dublin und wurde im Deansgrange Cemetery beigesetzt. Sein Erbe aber lebt weiter, nicht allein in der Produktinnovation (z. B. das Dunlop-Ventil) sondern auch im Namen und der Marke, die durch ihn entstand.
Zahlreiche technische Innovationen
Im Laufe der Jahrzehnte konnte Dunlop mit zahlreichen technischen Innovationen aufwarten:
- 1908: Einführung von Reifen mit Metallnieten – ein Vorläufer von Spikereifen.
- 1922: Cordgewebe wird in die Reifendecke eingeführt – damit konnte die Lebensdauer von Reifen deutlich gesteigert werden, gegenüber den bisherigen Technikvarianten.
- 1959: Dunlop stellt sein erstes Lamellenprofil vor. Ein Jahr später wird das Phänomen Aquaplaning systematisch erforscht, was zu Reifenprofilen führt, die Wasser ableiten – ein wesentlicher Sicherheitsgewinn.
- Ab 1972: Herstellung von Stahlgürtelreifen (Serie 60) und weitere Fortschritte in der Reifenkonstruktion.
Unternehmerisch war Dunlop ständig in Bewegung: Die Firma expandierte international, baute Produktionsstätten in verschiedenen Ländern, diversifizierte in Sportartikel wie Tennisbälle, Golfbälle, etc.
Automobilrennen als Teil der Werbestrategie
Für Sammler von historischen Werbeträgern – Emailschildern, Blechschildern, Plakaten – ist Dunlop eine besonders ergiebige Marke. Dunlop hat sich seit den frühen Tagen intensiv und visuell sehr ansprechend vermarktet.

Schon sehr früh setzte Dunlop auf Rennen und Wettbewerbe: Fahrradrennen mit Dunlop-Luftreifen, später Automobil- und Motorradrennen, Le Mans etc.
Diese Erfolge dienten nicht nur der technischen Erprobung, sondern auch als Werbung: Reifen, die für Siege verwendet wurden, vermitteln Qualität, Schnelligkeit, Zuverlässigkeit. Der Markenname erschien auf Fahrzeugen, Transparenten, Rennbroschüren, …
Seit dem frühen 20. Jahrhundert (1910er bis 1930er) sind zahlreiche Werbeplakate, Poster und Anzeigen überliefert, die Reifen und Fahrzeuge in Szene setzen, oft mit dramatischem oder idyllischem Straßenbild, stilisiert oder realistisch.
Gerade in der Zeit von vor WW II und in den Jahrzehnten danach wurden Emailschilder mit dem typischen Dunlop-Schriftzug, Reifengrafiken oder Darstellungen von Fahrzeugen, Motorrädern oder Fahrrädern häufig angebracht an Tankstellen, Werkstätten, Garagentoren.
Bernd Rosemeyer in Emaille: Das deutsche Dunlop-Kultschild
Solche Schilder sind heute Objekte der Sammelleidenschaft. Eines der bekannten Motive ist z. B. ein Schild mit der Darstellung des Rennfahrers Bernd Rosemeyer (1909-1938): Solche Schilder, in gutem Zustand, genießen unter Sammlern hohes Prestige.
Rosemeyer war einer der legendärsten deutschen Rennfahrer der Vorkriegszeit. Der gelernte Motorradmechaniker stieg in den 1930er Jahren als Werksfahrer bei Auto Union auf und wurde rasch zum Publikumsliebling.

(Bild: Wormser Classic Auctions | Invaluable)
1936 gewann er die Europameisterschaft der Grand-Prix-Rennwagen und wurde damit auf einen Schlag zum Superstar. Seine Siege errang er oft auf Dunlop-Bereifung, was den Namen der Marke untrennbar mit seinem Mythos verband. Am 28. Januar 1938 kam er bei einem Weltrekordversuch auf der Autobahn Frankfurt–Darmstadt tragisch ums Leben.
III Petromobilia-Auktion in Worms
Hier geht’s zur Online-Auktion!
Emailschilder von Dunlop mit dem Porträt Rosemeyers tauchen nur selten auf, in guter Erhaltung sind es große Raritäten.
Im Mai und im November 2024 wurden in Worms zwei Exemplare für 25.500€, resp. 26.000€ zzgl. Provision versteigert. Beide befanden sich im Zustand 2. Dies gilt auch für ein weiteres Exemplar, das am kommenden 18. Oktober versteigert wird (siehe Bild).
Rückzug und Restrukturierung
In den 1980er Jahren kam es zu wesentlichen Veränderungen in Struktur und Eigentum. 1983 wurden die europäischen Reifenfabriken an Sumitomo Rubber Industries verkauft (ohne die französische Tochter, die in Konkurs ging).
Nach der Deutschen Wiedervereinigung übernahm Dunlop 1995 das Unternehmen Pneumant in Fürstenwalde. Aktuelle Entwicklungen zeigen jedoch auch Rückzug und Restrukturierung, vor allem in Deutschland: Werksschließungen (z. B. Philippsburg 2017) und Stellenabbau in Fulda und Fürstenwalde.
Die Markenrechte sind heute regional aufgeteilt: Goodyear hält die Rechte in Europa, Sumitomo in Teilen Asiens, Afrika und Lateinamerika.
