Runde Revolution

Ernst Litfaß (1816-1874) und seine ‚Anschlagsäulen‘

Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts war die Reklame im Außenraum recht anarchisch. Wer werben wollte, klebte seine Plakate dorthin, wo es ihm gerade in den Sinn kam: an Bäume, Mauern, Zäune. Mit seiner Erfindung änderte Ernst Litfaß (1816-1874) Mitte der 1850er Jahre dies jedoch quasi über Nacht. 1854 wurde die erste ‚Anschlagsäule‘ aufgestellt. Neben aktuellen Nachrichten konnten die Berliner dort auch – und vor allem – Plakate finden, auf denen für Dienstleistungen und Produkte geworben wurde.

Ernst Litfaß war ein deutscher Unternehmer und Erfinder, der im 19. Jahrhundert in Berlin lebte. Er wurde bekannt für seine Erfindung des Litfaßsäule oder Plakatsäule, die noch heute in vielen Städten weltweit zu finden ist. Die Idee für die Litfaßsäule kam ihm. als er in den 1850er Jahren als Verleger und Werbefachmann arbeitete.

Handschriftlich signiertes und mit einer Notiz versehenes Foto des Berliner Erfinders Ernst Litfaß (Bild: Gemeinfrei)

Über die Kindheit von Ernst Litfaß ist nicht allzu viel bekannt, da es nur wenige schriftliche Aufzeichnungen gibt. Geboren wurde er am 11. Februar 1816 in Berlin als jüngstes von sechs Kindern. Sein Vater, Johann Carl Friedrich Litfaß, war ein bekannter Buchdrucker und Verleger in Berlin, der unter anderem die „Allgemeine Berliner Zeitung“ herausgab.

Es wird angenommen, dass Ernst Litfaß in seiner Kindheit eine gründliche Ausbildung in den Bereichen Druckerei und Verlagswesen erhielt. In seiner Jugend zeigte Litfaß auch ein starkes Interesse an Kunst und Literatur. Er war ein begeisterter Leser und besuchte oft die Theater und Konzerte in Berlin. Später, als er bereits als Verleger und Werbefachmann arbeitete, sollte seine Liebe zur Kunst auch eine wichtige Rolle bei der Entwicklung seiner Erfindung, den Litfaßsäulen, spielen, die er mit künstlerischen Elementen gestaltete.

Zu dieser Zeit – in den frühen 1850er Jahren – gab es noch keine Möglichkeiten, Plakate und Ankündigungen in den Straßen der Stadt effektiv zu präsentieren. Litfaß erkannte das Problem und begann, nach einer Lösung zu suchen. Die Idee kam ihm schließlich, als er auf einem Spaziergang durch Berlin eine Baustelle passierte. Dort fielen ihm die runden Säulen auf, die dazu dienten, die Arbeiter über das Bauprojekt zu informieren.

‚Berlin’s neue Anschlag-Säulen‘: Die erste Litfaßsäule wurde bereits 1854 aufgestellt, schon 1855 waren es über 100. Im selben Jahr erhielten sie bereits den Namen ihres Erfinders, der übrigens eine Monopolstellung genoss … (Bild: F. G. Nordmann, Gemeinfrei)

Litfaß erkannte, dass er diese Säulen als Werbeträger nutzen könnte und begann, Plakate auf ihnen zu platzieren. Das war die Geburtsstunde der Litfaßsäule. Litfaß entwickelte die Idee weiter und ließ eigene Säulen anfertigen, die er dann in Berlin aufstellen ließ. Diese Säulen waren mit einer runden Werbefläche versehen, die es den Unternehmen ermöglichte, ihre Botschaften und Werbebotschaften zu präsentieren.

Die Säulen wurden schnell populär und fanden in vielen Städten Deutschlands und Europas Verbreitung. Die Litfaßsäule war nicht nur eine bahnbrechende Erfindung, sondern auch ein wichtiger Beitrag zur Kulturgeschichte. Sie wurde schnell zu einem festen Bestandteil des Stadtbildes und prägte das Aussehen der Straßen und Plätze.

Zudem dienten die Säulen als eine Form der öffentlichen Kommunikation und Information. Auf ihnen wurden Ankündigungen, Plakate und Informationen zu politischen und kulturellen Veranstaltungen veröffentlicht.


Ernst Litfass: Der Reklamekönig
  • Er war ungemein vielseitig und alles in einem: Drucker, Schauspieler, Werbekolporteur, Erfinder, Poet, Impresario und Event-Manager
  • Ernst Litfaß, als Geschäftsmann in vielen Rollen erfolgreich, hat vor allem ein historisches Verdienst: Er war der deutsche Reklamekönig des 19
  • Jahrhunderts
  • Er hat die Anschlagsäulen für öffentliche Mitteilungen und Plakate eingeführt; er hat die Produkt- und Ereignisreklame erfunden
  • Vor genau 150 Jahren ließ er seine Litfaßsäulen erstmals aufstellen, und er hat dieses 'Straßenmöbel' durchgesetzt

Es ist nicht überliefert, wo genau in Berlin die ersten Litfaßsäulen hergestellt wurden. Es wird jedoch vermutet, dass Ernst Litfaß sie von verschiedenen Metallbauern und Schmieden anfertigen ließ.

Auch in Prag und in Wien gibt es noch Litfaßsäulen

Es ist jedoch bekannt, dass die Säulen schon wenig später aus Eternit in großen Stückzahlen von verschiedenen Herstellern produziert wurden. Diese Hersteller waren oft auch für die Installation und Wartung der Säulen verantwortlich. Insgesamt trugen Litfaß und seine ‚runde Revolution‘ in Sachen Reklame maßgeblich zur Entwicklung der Werbeindustrie bei, die im ausgehenden 19. Jahrhundert in Europa und den USA einen großen Aufschwung erlebte.

Es gibt heute noch einige original alte Litfaßsäulen zu sehen, obwohl viele im Laufe der Jahre entfernt oder ersetzt wurden. Einige der ältesten und bekanntesten Litfaßsäulen stehen noch immer in Berlin, wo sie vor mehr als 150 Jahren von Ernst Litfaß aufgestellt wurden. 2019 wurden in Berlin wurden 24 historische ‚Anschlagsäulen‘ unter Denkmalschutz gestellt.

Eine Litfaßsäule in Wien
(Bild: JebulonColonne spectacles VienneCC0 1.0)

Auch in anderen deutschen Städten wie Hamburg, Köln, Frankfurt am Main oder Stuttgart sind noch einige alte Litfaßsäulen zu finden. Außerhalb Deutschlands gibt es ebenfalls noch einige zu sehen, z.B. in Prag und in Wien.

Auch in Frankreich gibt es Litfaßsäulen. Hier nannte man sie „Colonnes Morris“, nach dem französischen Journalisten und Politiker Gabriel Morris, der sie im Jahr 1868 eingeführt hat. Morris war beeindruckt von der innovativen Idee von Ernst Litfaß, die er in Berlin gesehen hatte, und wollte diese auch in Paris umsetzen. Er schloss er sich mit einer Pariser Druckerei zusammen, die die Säulen nach dem Vorbild von Litfaß herstellte.

In Paris nannte man sie die „Colonnes Morris“

Die ersten „Colonnes Morris“ wurden 1868 in Paris aufgestellt und waren zunächst eine große Sensation. Die Säulen waren mit Werbung bedeckt und wurden schnell zu einem wichtigen Medium für die Verbreitung von Informationen und Nachrichten in der Stadt. Heute sind die „Colonnes Morris“ in Paris nicht mehr so verbreitet wie früher, aber einige wenige sind noch immer in der Stadt zu finden.

In Paris nannte man sie die „Colonnes Morris“
(Bild: Ji-ElleEpinal-Colonne MorrisCC BY-SA 3.0)

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