Die Gebrüder Macholl und das vielleicht teuerste Schild des Jahres

Am Freitag und Samstag dieser Woche findet mit der „48. Auktion Alte Reklameschilder“ in Friedrichsdorf die letzte wichtige Versteigerung im Bereich Historische Reklame für das sich zu Ende neigende Jahr statt. Highlights gibt’s deren so einige. Absoluter Spitzenreiter ist aber ein Ludwig Hohlwein signiertes Cognac-Emailschild aus München. Allein schon der Rufpreis von 180.000€ lässt einen als „Otto Normalsammlerschlucken …

Am Samstag, 14. Dezember wird sich zeigen, ob es zum Jahresende noch einen neue Preisrekord für ein Emailschild geben wird: In Friedrichsdorf gelangt dann mit Los 905 ein Hohlwein-Entwurf zum Aufruf: „Cognac Macholl“.

Wird dieses Schild das teuerste des Jahres? Auktionator Micky Waue schätzt den Wert der mit acht teils zuckergussartig emaillierten Farben Rarität auf bis zu 300.000€ (Bild: Micky Waue / Invaluable.com)

Im Katalog schreibt Micky Waue zu dem 65 x 105 cm großen, dickbauchig gewölbten Schild, das bei den „Münchener Emaillier- & Stanzwerke G.M.B.H.“ hergestellt wurde: „Alle Farben dick, teils zuckergussartig emailliert, wir haben 8 verschiedene Schmelzfarben gezählt. Signiert: Ludwig Hohlwein, München. Dieser grandiose Entwurf wurde auch vom Emailliermeister genauso kunstvoll umgesetzt. In diesem grandiosen Zustand ist das Schild einmalig.

Lediglich kleine Kratzspuren oben im schwarzen Hintergrund verhindern die Bewertung „Zustand 0“. Das mit Abstand beste von 3 uns bekannten Exemplaren. Dieses Kunstwerk gehört definitiv ganz nach oben in die „Top Ten“ der Emailreklameschilder. Wir freuen und riesig Ihnen diesen Hochkaräter anbieten zu können.

Geschätzt wird die Rarität vom Auktionshaus auf stolze 250.000 bis 300.000€. Man darf gespannt sein, ob sich ein Käufer findet und welcher Preis am Ende erzielt wird. Der Entwurf des Emailplakates stammt von Ludwig Hohlwein. Dieser Name ist allen Reklamesammlern wohlbekannt. Aber was ist mit „Macholl“? Sammler.Net ging dieser Frage nach.

Leopold und Moriz Macholl

Die Geschichte der Gebr. Macholl AG erzählt vom Aufstieg zweier Brüder, Leopold und Moriz Macholl, die durch unternehmerischen Wagemut und Anpassungsfähigkeit von Heilbronn aus eine Erfolgsgeschichte in München schrieben.

Am 31. Januar 1901 besuchte Prinz-Regent Luitpold von Bayern die Brennerei der Gebrüder Macholl und trug sich ins Gästebuch ein. Dieses wurde übrigens im Juni 2024 für 550€ versteigert. (Bild: Kiefer Buch- und Kunstauktionen / Invaluable.com)

Im Jahr 1861 gründete der 36-jährige Max Landauer in Heilbronn, am Kirchhöfle, eine Branntweinbrennerei und Likörfabrik. Die Geschäfte liefen gut, und Landauer suchte einen Partner. 1866 trat sein Schwager Leopold Macholl (1841–1911) in das Unternehmen ein. Gemeinsam firmierten sie unter dem Namen „Landauer & Macholl“.

Leopold war ein aufstrebender Geschäftsmann mit klarem Blick für Marktchancen. Unter seiner Mitwirkung expandierte die Brennerei und entwickelte sich zu einem angesehenen Betrieb in Heilbronn. Einige Jahre später trat auch sein jüngerer Bruder Moriz Macholl (1848–1917) in das Geschäft ein. Moriz hatte zuvor kaufmännische Erfahrung gesammelt und brachte frische Ideen in die Firma ein.


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Der Umzug nach München

Anfang der 1870er Jahre reiften Pläne, die Firma nach München zu verlegen, wo der Markt größer und die Konkurrenz überschaubarer war. 1873 verließen Leopold und Moriz Heilbronn und zogen nach München, während Max Landauer in Heilbronn blieb. Seine Brennerei existierte noch einige Zeit unter dem alten Namen„Landauer & Macholl“, doch die Brüder Macholl begannen in München einen Neuanfang.

In der Spitalstraße 10 eröffneten sie ihre neue Produktionsstätte, wo sie Liköre, Weinbrände und Essig herstellten. Ihr Gespür für hochwertige Produkte und der Fokus auf Qualität brachten ihnen schnell Erfolg. Moriz, der jüngere Bruder, übernahm zunehmend die Leitung des Betriebs, während Leopold sich aus dem Tagesgeschäft zurückzog.

Anzeige von 1921: „St. Emmeram Abtei-Likör“ derzeit auf eBay.de im Angebot (Screenshot: eBay.de)

Die Brennerei florierte, und die Gebrüder Macholl erweiterten ihre Geschäftstätigkeit kontinuierlich. Der Unternehmensname wurde mehrfach angepasst, um den gestiegenen Ansprüchen und Marktanforderungen zu genügen:

  • Bis 1912: „Deutsch-Französische Cognac-Brennerei und Weinsprit-Raffinerie vorm. Gebr. Macholl AG“
  • Bis 1916: „Deutsch-Französische Cognac-Brennerei vorm. Gebr. Macholl AG“
  • Bis 1920: „Cognac-Brennerei vorm. Gebr. Macholl AG“
  • Ab 1920: „Weinbrennerei vorm. Gebr. Macholl AG“

Schon 1908 warb das Unternehmen als „Deutsch – Französische Cognac-Bernnerei“. Gewusst ist, dass es zu dieser Zeit neben einer deutschen Filiale in Mainz auch eine solche in Cognac in Frankreich unterhielt. Ansonsten sind leider keine weiteren Details über Tätigkeiten der Gebrüder Macholl im Nachbarland bekannt.

Die Produktionskapazität erreichte in den 1910er Jahren beeindruckende vier Millionen Liter pro Jahr. Neben der Hauptproduktionsstätte in der Ampfingstraße 127 unterhielt das Unternehmen eine Verkaufsstelle am Karlsplatz 25, wo die edlen Weinbrände und Liköre, darunter der seinerzeit sehr beliebte und weit über die Grenzen Münchens bekannte St. Emmeram-Abtei-Likör, verkauft wurden.

Neben dem Likör (siehe oben) vertrieb die Firma auch weitere Spezialitäten, wie aus diesem Inserat hervorgeht: Kirsch, Cherry Brandy und… Cognac. (Screenshot: eBay.de)

Neben diesem Likör war eine weitere Spezialität aus dem Hause überregional bekannt und beliebt: Der Cognac, um den es bei dem Emailschild geht, das den Ausschlag zu diesem Beitrag lieferte.

Der Cognac machte Macholl reich

In den vergangenen Jahren kamen übrigens bereits zwei Coganc Macholl-Emailschilder zum Verkauf: So erzielte im Juli 2022 ein 150cm hohes Exemplar 110.000€ und ein weiteres, dies im selben Format, wie dasjenige, das am Samstag zum Aufruf kommt, im Dezember letzten Jahres 42.000€. Der Schätzpreis lag damals bei 80.000 bis 100.000€.

Der Cognac und der Likör machten die Familie Macholl zu wohlhabenden Zeitgenossen. Moriz Macholl war nicht nur ein erfolgreicher Unternehmer, sondern auch ein angesehener Bürger in München und ebenfalls in der Gemeinde Söcking, wo er ein Gut besaß. Er verbrachte dort die Sommermonate und war Ehrenbürger der Gemeinde.

Im Dezember 2023 für 42.000€ versteigert: Ein Cognac Macholl in schlechterem, aber immer noch sehr guten Zustand. (Bild: Micky Waue)

Die Familie Macholl erlebte jedoch auch tragische Schicksale. Tochter Lydia wurde während des Holocausts nach Kaunas deportiert und ermordet. Tochter Gutta emigrierte 1940 nach Kolumbien, wo sie bei ihrer Cousine Schutz suchte.

1929 wurde das Unternehmen liquidiert

Trotz aller Errungenschaften konnte die Gebr. Macholl AG den wirtschaftlichen und politischen Herausforderungen der Zeit nicht standhalten. Schon 1917 übernahm die Brennerei Asbach & Co. mbH die Aktienmehrheit. Schließlich musste das Unternehmen 1929, genau 100 Jahre nach den ersten Anfängen in Heilbronn, liquidiert werden.


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