Faszination Schreibfeder: Von Gänsekielen, Goldfedern und grafischer Eleganz

Es ist ein fast vergessenes Ritual: das Eintauchen einer Feder in ein Tintenglas, das sanfte Kratzen auf Papier, die feine Linie, die unter leichtem Druck zu schwellen beginnt. Schreibfedern sind nicht nur Werkzeuge – sie sind Zeugen eines kulturellen Wandels, Ausdruck von Persönlichkeit und längst auch begehrte Sammlerstücke.

„Das Schneiden und Halten der Feder“: Illustration aus Johannes Stäps, „Selbstlehrende Canzleymäßige Schreibe-Kunst“, Leipzig 1784

Vor allem die Entwicklung der Stahl- und Goldfedern erzählt eine Geschichte zwischen Handwerk, Technik und Ästhetik. Jahrhunderte lang prägte der klassische Gänsekiel das Schriftbild Europas.

Ab dem 4. Jahrhundert ersetzte er das Schilfrohr, das zuvor im römischen und arabischen Kulturraum zum Einsatz kam. Doch mit der Industrialisierung kündigte sich ein Wandel an: Die Erfindung der stählernen Schreibfeder – zunächst 1748 vom Aachener Johannes Janssen entwickelt – sollte das Schreiben revolutionieren.


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Erst etwa ein Jahrhundert später jedoch fand die Stahlfeder breite Anwendung, als in England um 1822 die Massenproduktion begann. Mit Hilfe von Schraubpressen, ursprünglich aus der Knopfmacherei, konnten täglich zehntausende Federn gestanzt werden.

Der Siegeszug dieser kleinen Metallzungen war nicht aufzuhalten: In Hamburg wurden die traditionellen Federkiele 1842 aus den Schulen verbannt – im selben Jahr wurde die erste deutsche Schreibfederfabrik Heintze & Blanckertz gegründet.

Die Vielfalt der Formen

Mit der industriellen Fertigung kam die Vielfalt: Spitzfedern für elegante Schriftzüge, Bandzugfedern für kalligrafische Anwendungen, Redisfedern für technische Zeichnungen – jede Feder war für eine bestimmte Schriftart oder Technik optimiert.

Schreibfedern-Display der Berliner Firma Heintze & Blanckertz

Besonders die elastischen Spitzfedern, die sich beim Abschwung spreizen und den Schwellzug erzeugen, prägten das Schriftbild des 19. Jahrhunderts nachhaltig. Die deutsche Kurrentschrift, aber auch elegante englische Schreibstile wie die Anglaise, wären ohne sie undenkbar.

Parallel zur Stahlfeder etablierte sich ein edler Verwandter: die Goldfeder. Diese war nicht nur korrosionsbeständig, sondern auch deutlich elastischer – ein Vorteil für Vielschreiber und Kalligrafen. Goldfedern wurden oft mit Iridiumspitzen versehen, die die Langlebigkeit erhöhten.


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Marken wie Montblanc, Pelikan oder Kaweco entwickelten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Schreibgeräte, bei denen Goldfedern zum Synonym für höchste Schreibkultur wurden.

Begehrte Sammelobjekte: Schreibfedern, Displays, Schilder

Heute sind Schreibfedern weit mehr als funktionale Utensilien – sie sind begehrte Sammlerstücke. Historische Federn, insbesondere aus der Blütezeit der Stahlfederproduktion (1830er bis 1930er Jahre), werden in Sammlerkreisen hoch geschätzt.

Besonders gesucht sind originalverpackte Federn, vollständige Serien oder seltene Varianten wie Ellenbogen- oder Plakatfedern. Doch auch das „Drumherum“ ist faszinierend: Hersteller wie Heintze & Blanckertz, Brause oder Soennecken setzten auf aufwendige Displays, gravierte Holzschachteln, Mustermappen und sogenannte „Warenproben“.

Händler erhielten ganze Präsentationskoffer, um die Vielzahl an Federarten eindrucksvoll zu präsentieren – oft mitsamt gedruckter Musterblätter, die das jeweilige Schriftbild demonstrierten. Solche Werbemittel sind heute ebenso begehrt wie die Federn selbst.

Dieses gut 130 Jahre alte Display mit 121 Federspitzen des französischen Herstellers Blanzy-Poure & Cie wurde am Mittwoch, den 23. April 2025 bei „Bares für Rares“ versteigert. (Screenshot: ZDF)

So wurde am Mittwoch, den 23. April 2025 in der ZDF-Sendung „Bares für Rares“ ein Display mit 121 Federspitzen der 1846 gegründeten französischen Firma Blanzy-Poure & Cie. aus Frankreich aus der Zeit um 1890 bis 1900 zum Verkauf angeboten.

Expertin Dr. Frederieke Werner schätzte selbiges auf 400 bis 500€. Das freute die Anbieterin sehr, hatte sie sich doch lediglich 1€ pro Spitze, sprich 121€ erwartet. Und genau 450€ war Händler Jan Čížek bereit, für die Rarität zu zahlen!

Gesammelt werden jedoch nicht nur Federn, Füller und Co. sondern auch alte Tintenflaschen etwa oder Reklameobjekte rund ums Thema Schreibtinte.

Emailschild Strebel Tinte, um 1900, 20 x 30 cm, gewölbt, Torpedo-Email. Dieses Schild in hervorragendem Zustand 0 wurde 2021 für 6.500€ zzgl. Provision versteigert. (Bild: Micky Waue)
Extrem seltenes, emailliertes Türschild mit Reklame für Stark’s Tinten, königlich bayerischer Hoflieferant, um 1910. (Bild: Pari Auktionen)

Zwischen Nostalgie und Renaissance

Trotz (oder gerade wegen) der digitalen Welt erleben analoge Schreibgeräte eine kleine Renaissance. Wer einmal mit einer gut gearbeiteten Feder auf hochwertigem Papier geschrieben hat, weiß um den meditativen Moment, der sich dabei einstellt.

Ob als Werkzeug für Kalligrafen, stilvolles Accessoire auf dem Schreibtisch oder Sammlerstück mit Geschichte: Schreibfedern haben ihren Zauber bis heute nicht verloren.


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