Julius Klinger war ein Pionier der modernen Plakatkunst und prägte die Werbegrafik des frühen 20. Jahrhunderts. Seine klaren, humorvollen Entwürfe machten ihn international bekannt. 1942 wurde er aufgrund seiner jüdischen Herkunft im Holocaust ermordet. Sein künstlerisches Erbe lebt bis heute weiter.

Geboren 1876 in Dornbach, einem Vorort von Wien, begann Julius Klinger seine künstlerische Ausbildung am Technologischen Gewerbemuseum in Wien. Seine ersten professionellen Arbeiten entstanden für das Wiener Modemagazin Wiener Mode. Hier traf er auf den bedeutenden Künstler Koloman Moser, der ihn nachhaltig prägte und ihm den Weg in die künstlerische Elite ebnete. Über Moser gelangte Klinger zu den Meggendorfer Blättern und später nach München, wo er für die renommierte Wochenschrift Jugend arbeitete – eine der wichtigsten Plattformen für die damals neue Kunstströmung des Jugendstils.
Erfolgreiche Berliner Jahre
1897 zog Klinger nach Berlin und etablierte sich rasch als angesehener Gebrauchsgraphiker und Buchillustrator. Seine Werke zeichnen sich durch eine klare Formensprache und einen besonderen Humor aus, der seine Arbeiten unverwechselbar macht. Ein Beispiel ist das 1904 veröffentlichte Heft Die Kunst im Leben des Kindes, das auf witzige Weise gegen den „Struwwelpeter“ polemisierte.

Besonders berühmt wurde er durch seine Arbeiten im Plakatdesign. In Zusammenarbeit mit der Druckerei Hollerbaum und Schmidt entwickelte er eine neue, funktionale Art der Plakatgestaltung, die nicht nur in Deutschland, sondern international Anerkennung fand. Seine Plakate waren klar, präzise und gleichzeitig voller Esprit. Er verband die sachliche Strenge des Funktionalismus mit einer künstlerischen Verspieltheit, die seinen Werken eine einzigartige Dynamik verlieh.
Klinger lehrte zudem an der renommierten Reimann-Schule in Berlin, wo er zukünftige Generationen von Grafikern prägte. 1912 trat er dem Deutschen Werkbund bei und gründete 1913 den Verband Künstlerischer Schaufensterdekorateure, was zeigt, wie vielseitig seine Interessen und Einflüsse waren.
Rückkehr nach Wien und internationale Erfolge
Nach dem Ersten Weltkrieg kehrte Klinger nach Wien zurück, wo er ein Atelier für Gebrauchsgraphik eröffnete und auch als Lehrer tätig war. Eines seiner berühmtesten Projekte dieser Zeit war die großangelegte Werbekampagne für die Zigarettenpapierfirma Tabu, die er ab 1918 entwickelte. Seine Werbung prägte das Stadtbild Wiens nachhaltig – von Zeitungsanzeigen bis hin zu riesigen Plakaten auf Brandmauern.

1928 reiste Klinger auf Einladung von General Motors und Mac Manus Inc. in die USA. Diese Reise stellte für ihn eine Ernüchterung dar. Obwohl die USA als Mekka der modernen Werbegrafik galten, sah Klinger die Entwicklungen dort mit kritischem Blick.
Nach seiner Rückkehr übernahm er eine Lehrtätigkeit an der Kunstgewerbe- und Handwerkerschule in Magdeburg und setzte seine Arbeit als Grafiker und Plakatkünstler fort.
Verfolgung und Ermordung durch die Nationalsozialisten
Mit dem Aufstieg des Nationalsozialismus begann für Julius Klinger eine Zeit der Verfolgung. Aufgrund seiner jüdischen Abstammung wurde er zunehmend entrechtet und seine Werke diffamiert. Am 2. Juni 1942 wurde er zusammen mit seiner Frau Emilie nach Minsk deportiert. Am 9. Juni 1942 fanden beide im Vernichtungslager Maly Trostinez den Tod. Damit endete ein außergewöhnliches Künstlerleben auf tragische Weise.
Klinger gilt als einer der bedeutendsten Erneuerer der Plakatkunst in Österreich und Deutschland. Vor allem seine Arbeiten vor dem Ersten Weltkrieg prägten die deutsche Plakatgestaltung maßgeblich. Während er dem sachlichen Stil eines Lucian Bernhard folgte, verlieh er seinen Plakaten stets eine humorvolle Note. Diese Kombination aus Funktionalität und Witz machte ihn zu einem der populärsten Grafiker seiner Zeit.

Herausgeber: Rob-Verlag, Wien
Seine Werke zeichneten sich durch schlichte Eleganz, klare Linien und eine Reduktion auf das Wesentliche aus. In einem Umfeld, das oft von überladener Ästhetik geprägt war, setzte Klinger auf Sparsamkeit der Mittel und auf eine direkte Ansprache des Betrachters. Seine Philosophie, die Kunst zu modernisieren und dem reinen Dekorativismus entgegenzuwirken, brachte ihn in eine Reihe mit den großen Denkern und Künstlern seiner Zeit.
Ein bleibendes Vermächtnis
Auch wenn Klinger heute weitgehend in Vergessenheit geraten ist, lebt sein Vermächtnis in den Sammlungen und Archiven großer Museen weiter. So befinden sich über 180 seiner Werke in der Sammlung der Staatlichen Museen zu Berlin, und auch die Österreichische Nationalbibliothek verzeichnet eine bedeutende Sammlung seiner Plakate.
Sein Schaffen und seine Ideen prägten die Entwicklung der Werbegrafik nachhaltig. Klinger war ein Künstler, der nicht nur an der Oberfläche blieb, sondern stets nach neuen Ausdrucksformen suchte – sei es durch seine künstlerische Arbeit oder seine scharfsinnigen, oft provokanten Kommentare zur Kunstszene seiner Zeit.
Heute erinnert unter anderem die Klingerstraße in Wien an diesen außergewöhnlichen Künstler, dessen Werke auch nach Jahrzehnten nichts von ihrer Kraft und Modernität eingebüßt haben.
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