Von einer kleinen Pariser Apotheke zur weltweit bekannten Schokoladenmarke: Die Geschichte von Menier ist eine faszinierende Mischung aus Unternehmertum, Innovation und kulturellem Erbe.

Es begann im Jahr 1816, als Jean Antoine Brutus Menier (1795-1853) eine kleine Apotheke im Pariser Marais-Viertel eröffnete. Seine Innovation? Schokolade, um den bitteren Geschmack von Arzneimitteln zu überdecken. Was als pharmazeutisches Hilfsmittel begann, entwickelte sich bald zu einem lukrativen Schokoladengeschäft.
1825 kaufte Menier die Mühle von Noisiel, um dort Schokolade in industriellem Maßstab zu produzieren – eine damals noch recht revolutionäre Idee. Obwohl Schokolade zunächst nur als Luxusprodukt galt, erkannte Menier das Potenzial, sie für ein breiteres Publikum zugänglich zu machen.
Die goldene Ära der Menier-Schokolade
1836 brachte das Unternehmen eine industriell hergestellte Schokoladentafel auf den Markt: sechs zusammenhängende Riegel, verpackt in das charakteristische gelbe Papier. Der Erfolg war enorm, und bis 1867 war die Belegschaft auf 325 Arbeiter angewachsen.

Unter der Führung von Émile-Justin Menier (1826-1881), Sohn des Firmengründers, wurde die Schokoladenproduktion zur Hauptaktivitat des Unternehmens. Bis 1900 beschäftigte die Fabrik in Noisiel 2.200 Arbeiter, die täglich 70 Tonnen Schokolade herstellten.
Besonders bemerkenswert war das Mühlengebäude „Moulin Saulnier“ – eine architektonische Meisterleistung mit sichtbarer Metallstruktur und kunstvoll verzierten Ziegeln.
Die Marke setzte früh auf Werbung
Die Marke setzte früh auf Werbung: Plakate, darunter das ikonische Motiv des kleinen Mädchens, das „Éviter les Contrefaçons“ (Vermeidet Fälschungen) an eine Wand schreibt, daneben ein roter Schirm und ein Korb, bis oben hin gefüllt mit Schokolade, machten Menier in fast ganz Europa bekannt.
Der Entwurf des Plakates stammt von Firmin Bouisset (1859-1925). Auch auf Weltausstellungen und Kolonialmessen präsentierte sich das Unternehmen eindrucksvoll.

Reklameobjekte von Menier sind heute sehr gesucht, egal ob Plakate, Email- und Blechschilder oder auch Objekte, wie beispielsweise die in Frankreich als „Kiosque Menier“ bezeichneten Sparautomaten, die es in diversen Farben und Ausführungen gibt.
Nach dem Ersten Weltkrieg begann der Stern von Menier zu sinken. Zwar expandierte das Unternehmen in den 1920er Jahren in den Bereich der Feinschokolade, doch der Wettbewerb mit internationalen Marken wie Lindt und Suchard erwies sich als schwierig.
Die Weltwirtschaftskrise von 1929 und der zunehmende Erfolg amerikanischer Schokoriegel trugen weiter zur Schwächung bei. Nach dem Zweiten Weltkrieg konnte sich das Unternehmen nicht an den veränderten Markt anpassen.
Herausforderungen und Niedergang
1959 wurde Menier von Cacao Barry übernommen, später folgten weitere Besitzerwechsel: 1965 kaufte Perrier die Marke, 1975 Rowntree und schließlich 1988 Nestlé.
Obwohl die Marke Menier heute nur noch mit wenigen Produkten – unter anderem Kochschokolade und Kakaopulver – in Frankreich vertreten ist, bleibt ihr Erbe bestehen.

Das Fabrikgebäude „Moulin Saulnier“ wurde 1992 unter Denkmalschutz gestellt und ist heute eins der Symbole für die industrielle Revolution in der Schokoladenherstellung.
Die ehemalige „Cité ouvrière Menier“, eine Arbeitersiedlung in Noisiel, erinnert an die sozialen Errungenschaften der Firma, die ihren Arbeitern Wohnraum und gute Arbeitsbedingungen bot. Auch wenn Nestlé die Marke Menier heute kaum noch bewirbt, lebt sie weiter – in den Erinnerungen der Schokoladenliebhaber und Reklamesammler und als ein wichtiges Kapitel der französischen Industriegeschichte.
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