Spardosen sind viel mehr als nur kleine Behälter, die Münzen (und im besten Fall auch Scheine) sammeln. Sie erzählen eine Geschichte der menschlichen Kultur und des Sparens, die bis in die Antike zurückreicht. Vom griechischen Schatztempel über mittelalterliche Zünfte bis hin zu modernen Spardosen aus Plastik und Keramik: Die Entwicklung der Spardose ist – auch für Freunde Historischer Reklameobjekte – eine spannende Reise durch die Epochen!
„Hast Du gesehen“ fragte mich meine Frau vor einigen Wochen. „Was soll ich gesehen haben?“ „Na diese Anzeige!“ Sie hält mir die Tageszeitung vor die Nase: Oh, das klang interessant. Am 16. November 2024 soll eine riesige Sammlung an Spardosen versteigert werden. Ich lud mir den auf der Webseite des Auktionators den Katalog runter und kam aus dem Staunen nicht raus.
Unmengen von Spardosen bei einer einzigen Auktion
Da waren Unmengen von Dosen, aus Porzellan und anderer Keramik, aus Metall, aus Eisenguss, aus Kunststoff, aus Holz … und aus bunt bedrucktem Blech, darunter dutzende – wenn nicht sogar hunderte – die neben der Sparfunktion auch noch die Aufgabe hatten, Reklame für dies und das zu machen.
Solche von Banken und Versicherungen etwa, aber auch solche, die für viele andere Produkte warben. Beispielsweise auch die Menier-, Stollwerck- und anderen Spar-Automaten wie im Bild oben zu sehen.
Dass ich dorthin musste, stand umgehend fest. Allerdings war es so, dass die Lose fast alle aus Konvoluten bestanden. Und in fast jedem dieser Konvolute steckten Spardosen, die mich ansprachen, da sie zu meinem Sammelgebiet, der Historischen Reklame gehörten. Am Auktionstag selbst stellte sich für mich glücklicherweise heraus, dass sich der Andrang an Sammlern mit ähnlichen Ambitionen in Grenzen hielt.
Meine Frau verzieh mir dann auch rasch, dass ich richtig zugeschlagen hatte und gleich mit einem ganzen Auto voller Spardosen & Spendebüchsen aus zwei Jahrhunderten nachhause kam. Nun stehen sie auf Tischen verteilt im Haus, resp. harren noch in Kisten, Kartons und Tüten aus, bis sie ausgepackt werden.
Die nächsten Wochen über habe ich auf jeden Fall genug zu tun: Aussortieren, reinigen, katalogisieren … und viele davon weitergeben, da sie zwar toll sind, aber auf irgendein Sammelgebiet sollte man sich schon beschränken.
Kurze Geschichte der Spardose
Die Geschichte der Spardosen beginnt erstaunlich früh. Einer der ältesten Sparbehälter, der im 2. Jahrhundert v. Chr. im heutigen Gebiet der Türkei gefunden wurde, stellt einen kleinen Schatztempel dar. Er stammt aus Priene, einer antiken Stadt in Ionien, und symbolisiert das Vertrauen der Menschen in die sichere Aufbewahrung von Reichtum. Der Tempel, in Griechenland als „Thesauros“ bezeichnet, wurde zu einer frühen Inspirationsquelle für das Konzept der Sparbüchse, ein Begriff, der schließlich in unseren heutigen Tresor-Begriff überging.
Die Römer führten die Tradition fort, Spardosen aus gebranntem Ton herzustellen, oft in schlichter, birnenförmiger Form. Diese frühen Töpferscheibenarbeiten galten als Alltagsobjekte und sind in großer Zahl erhalten geblieben. Ihre Schlichtheit und Funktionalität spiegelten die Spargewohnheiten einer Zeit wider, in der Kontensysteme unbekannt waren und Münzen die einzige Möglichkeit boten, Werte aufzubewahren.
Im Mittelalter entwickelten sich Spardosen weiter und fanden Eingang in verschiedene gesellschaftliche Institutionen. Die Bruderschaften und Zünfte nutzten eiserne Behälter mit Schlössern, um Gelder für wohltätige Zwecke zu sammeln – sei es zur Pflege von Armen oder zur Finanzierung gemeinschaftlicher Projekte. Diese oft massiven und verschlossenen Behälter, teilweise mit dekorativen Ornamenten versehen, repräsentieren die Werte von Solidarität und Gemeinwohl.
Das Schwein als Symbol für Glück und Wohlstand
Während das Material häufig Ton blieb, nahm auch die Form der Spardosen allmählich „tierische Züge“ an. Besonders beliebt war das Schwein, das in vielen Kulturen als Symbol für Wohlstand, Glück und Genügsamkeit galt.
Das sogenannte Sparschwein etablierte sich als Sinnbild des Sparens und hat bis heute einen festen Platz in der Spartradition vieler Länder, darunter auch im englischen Sprachraum, wo es als „Piggy bank“ bekannt ist. Im französischen findet man die Bezeichnung Sparschwein nicht als Begriff für Spardose. Dort spricht man von „Tirelire“.
Dieses Wort taucht bereits im 13. Jahrhundert auf, seine Herkunft ist ungewiss. Eine häufig vorgebrachte Erklärung verbindet es mit der italienischen Lira und dem italienischen Verb tirare („werfen“). In Wirklichkeit ist das Wort eher lautmalerischen Ursprungs und hängt mit dem Geräusch zusammen, das Münzen machen, wenn sie fallen. Tatsächlich bedeutete das Verb „tirelirer“ im Mittelalter „einen Ton, ein Lied erzeugen“.
Im Barock wurden aus Spardosen Schmuckstücke
Mit der Barockzeit erhielten Spardosen einen zusätzlichen künstlerischen Wert. In dieser Epoche wurden Spardosen nicht nur als Sparinstrumente betrachtet, sondern auch als repräsentative Schmuckstücke, oft aus hochwertigem Porzellan oder Edelmetall gefertigt. Sie spiegelten das Streben nach Luxus und dem Geschmack der damaligen Gesellschaft wider.
Im Rokoko, Biedermeier und Jugendstil wurden Patenschafts-Spardosen zu beliebten Taufgeschenken, reich verziert und häufig mit Gravuren personalisiert. Besonders in Wien waren Silberschmiede für kunstvolle Spardosen aus Silber bekannt, die oft mit Vorhängeschlössern versehen waren.
Diese kunstvollen Spardosen waren nicht nur Ausdruck von Reichtum und Stil, sondern auch ein Zeichen dafür, dass das Sparen zunehmend als Wert angesehen wurde, den man sogar zur Feier eines neuen Lebensabschnitts weitergab.
Im 19. und 20. Jahrhundert brachte der technische Fortschritt eine neue Art von Spardose hervor: die mechanische Spardose. Besonders in den USA und England wurden solche Spardosen zu wahren Sammlerstücken und begeisterten Kinder und Erwachsene gleichermaßen.
Mechanische Spardosen faszinierten schon im 19. Jahrhundert
Bei diesen Spardosen setzte eine Münze oder ein Knopfdruck Mechanismen in Gang, die eine Figur zum Leben erweckten. Sie bestanden oft aus Gusseisen und waren so gestaltet, dass die Münzen sie in Bewegung setzten – ein besonderes Vergnügen, das Sparen und Spielen vereinte.
Auch die deutsche Blechspielzeugindustrie nahm die Spardose in ihr Repertoire auf. Hersteller wie Märklin, Gebrüder Bing, Martin Seidel und viele weitere kleinere und größere Spielzeugmanufakturen produzierten sie aus lithographiertem Blech und exportierten sie weltweit.
Der Raum Nürnberg war ein bedeutender Produktionsstandort und deckte die Nachfrage nach den beliebten Penny Toys ab, von denen viele Spardosen waren. Diese mechanischen und bedruckten Spardosen hatten nicht nur den Zweck, zum Sparen anzuregen, sondern auch das Spielzeugangebot zu bereichern – ein cleverer Schachzug der Industrie.
Und auch die Werbeindustrie erkannte rasch die Attraktivität der Sparbüchse als Reklamemittel, das relativ kostengünstig herzustellen war und über viele Jahre hinaus genutzt werden konnte.
Schon um 1900 entstanden Reklame-Spardosen, auch Spar-Automaten genannt, die z.B. für Marken wie Menier und Stollwerck warben (siehe auch Bild ganz oben) und heute weltweit von Sammlern wie mir gesucht werden. In den 1920er Jahren begannen Sparkassen und Banken, gezielt Heimspardosen zur „Sparerziehung“ von Kindern herauszugeben.
Manche dieser Dosen verfügen über einen Mechanismus, der dazu führt, dass sie sich bei Erreichen einer gewissen Summe automatisch öffnet. Es gab auch sogenannte „Sparuhren“, die eine ähnliche Funktion hatten. Auch solche sind auf dem Bild ganz oben zu sehen.
Spar-Automaten, ein Sammelgebiet für sich
Diese kleinen Stahlblechkassetten wurden zum Symbol des kleinen Sparens und hatten oft den praktischen Zweck, den regelmäßigen Gang zur Bank zu fördern. Die ausgegebenen Heimspardosen blieben Eigentum der Bank, die den passenden Schlüssel zum Öffnen behielt – eine schlichte, aber elegante Lösung, die den Sparprozess institutionalisiert und Kindern bereits früh ein Gefühl der Verantwortung für ihr Erspartes vermittelte.
Eine weitere Variante aus dieser Zeit war der Sparschrank. Diese größere Spardosenform diente dem Vereinssparen und fand ihren Platz häufig in Gaststätten. Sparkästen mit mehreren Einwurfschlitzen ermöglichten es Gemeinschaften und Vereinen, gemeinsam zu sparen. Sie waren oft aus Blech oder Holz gefertigt und wurden von den Kreditinstituten zur Kundenbindung kostenlos herausgegeben.
Auch heute noch ist die Spardose ein beliebtes Werbemittel. Viele Kreditinstitute, aber auch Unternehmen aus anderen Branchen, verteilen Spardosen, um die Idee des Sparens zu fördern oder ihre Markenbekanntheit zu steigern.
Spardose vs. Spendendose: Vom Sparen zum Geben
Neben der Spardose entwickelte sich im Laufe der Zeit auch die Spendendose, die sich als eigenständige Form des Sammelbehälters für wohltätige Zwecke etablierte. Eine der bekanntesten Formen ist die, bei der über einen Mechanismus eine mit dunkler Hautfarbe dargestellte Person nach Geldeinwurf „zum Dank“ den Kopf bewegte, woraus sich der Begriff „Nickneger“ entwickelte.
Bereits im 19. Jahrhundert sammelten Missionsvereine Geldspenden in speziellen Sammelbüchsen. In kirchlichen Kreisen – egal welcher Konfession – ging schon wesentlich früher der „Klingelbeutel“ um. Heute sind beispielsweise die bekannten Sammelschiffchen der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger ein Beispiel für erfolgreiche Spendendosen, di e jährlich hohe Beträge für die Seenotrettung generieren.
Die Geschichte der Spardose zeigt, wie sich das Sparen über Jahrhunderte als kulturelle Praxis etabliert hat. Ob als prunkvolles Schmuckstück, mechanisches Spielzeug oder schlichtes Metallkästchen: Die Spardose hat einen festen Platz im kollektiven Gedächtnis und bleibt auch in modernen Zeiten ein Sinnbild des Spargedankens.
Sollten Sie selbst Spardosen sammeln oder gerade Lust bekommen haben, damit zu beginnen: Bald werden Sie sehr viele attraktive Teile auf Sammler.Net unter der Rubrik „Zu verkaufen!“ finden. Denn alles behalten kann & will ich nicht … Ist auf den Bildern zu diesem Beitrag etwas dabei, was Sie interessiert und mich vielleicht weniger? Schreiben Sie mich ruhig an!
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