Zwischen Rauch, Reklame und Berliner Lebensgefühl: Die Geschichte der Marke Juno ist ein Stück deutscher Alltagskultur. Was 1888 in einem Berliner Hinterhof begann, wurde zum Symbol moderner Werbung – und zur Zigarette mit Charakter.

Es riecht nach geröstetem Tabak, nach warmem Papier und nach Großstadt. Irgendwo in den Hinterhöfen Berlins, in einer Zeit, als das elektrische Licht gerade die Straßen eroberte, begann eine kleine Firma, Rauch in ein Symbol zu verwandeln: Josetti.
Vom Hinterhof zum Markenzeichen
Alles begann 1888, als Oskar Josetti seine Zigarettenfabrik in der Hamburger Straße eröffnete – eine jener typischen Berliner Gründerzeitgeschichten, die zwischen Vision und Zufall pendeln.
Josetti selbst wanderte 1892 in die USA aus, und verkaufte seinen Betrieb an Ferdinand Meier und seinen Partner Leopold Peters. Diese führten ihn unter dem Namen „Cigarettenfabrik Josetti, Inh. Meier & Peters oHG“ weiter.
Nach den Firmenregistern und zeitgenössischen Anzeigen produzierte Josetti unter anderem die Marken Vera, Eljen, Atout, Elektra, Prima-Club und Josetti-Spezial, die teils recht kurzlebig, teils nur lokal populär waren.
Diese Namen finden sich u. a. in alten Preislisten, Sammlerarchiven und auf Tabak-Steuermarken. „Vera“ und „Eljen“ sind laut den Einträgen im DPMA-Register sowie historischen Handelsverzeichnissen tatsächlich als Eigenmarken geführt worden.

Die Marke Juno, die sich als erfolgreichste und langlebigste herausstellen sollte, entstand um 1896: eine runde Zigarette in einer Welt voller ovaler, recht flacher. „Dick und rund“ lautete denn auch der erste Slogan, schlicht, beinahe trotzig.
Juno war das Gegenteil der feinen orientalischen Zigarette: bodenständig, modern, ein Produkt für die neuen Berliner Großstädter.
Josetti & die Kunst der Reklame
1898 wurde die Marke offiziell registriert – eine von unzähligen Eintragungen jener Zeit, die meisten längst vergessen. Aber Juno blieb. Vielleicht, weil sie nicht nur geraucht, sondern “erzählt” wurde.
Werbung war nämlich Josettis heimliches Geniegebiet. Schon früh zierten kleine Reklamemarken – winzige Kunstwerke aus Papier – die Zigarettenpackungen. Darauf leuchteten goldene Lettern, geschwungene Linien, elegante Frauen mit Zigarettenspitzen.

Signaturen wie die von Kon Linon (W. Konrad Lino, siehe Eljen-Emailschild oben) schmückten ab ca. 1910/15 die Motive, die von einer neuen Ära der Werbegrafik kündeten.
In den 1920er Jahren war Berlin die Hauptstadt der Reklame. Zwischen Dada und Bauhaus fand auch Juno ihren Platz auf den Litfaßsäulen: mit der berühmten Rundung, als Symbol von Modernität und Genuss.
Der Claim „Aus gutem Grund ist Juno rund“ machte aus der Form ein Statement – fast ein Manifest.
In der Berliner U-Bahn prangten Juno-Reklameschilder an den Wänden und den Treppenstiegen, auf Bussen trug Josetti die Werbebotschaft “Berlin raucht Juno” in riesigen Lettern durch die Stadt.
Auch die Emailschilder an den Fassaden von Läden beispielsweise, die von Josetti bei diversen Emaillierwerken und in verschiedenen Formen und Größen (auch als Türschild mit Thermometer etwa) herausgegeben wurden, wirken heute wie Zeugen einer Zeit, in der Werbung noch für die Ewigkeit gemacht wurde.
ACHTUNG: Von diesem Juno-Josetti Schild in Kirchenfenster-Form gibt es auch Fälschungen.

Geschwungene Typografie, klare Farben, viereckiges, rundes Trägermaterial oder auch solches in kirchenfensterartiger Form (das sognannte “Josetti-Kirchenfenster”) , was so wirkt, als hätte man der Zigarette ein kleines, fast schon sakrales, Denkmal gesetzt.
Arisierung und Krieg
Die 1930er Jahre brachten den Bruch. Josetti, ein jüdisches Unternehmen, wurde im Zuge der nationalsozialistischen „Arisierung“ enteignet. Reemtsma übernahm die Marke, wie so viele andere auch.
Werbewelten made in Hamburg: 100 Jahre Reemtsma
Hinter den neuen Besitzverhältnissen verschwand so die ursprüngliche Berliner Geschichte. Werbung wurde politisch, gleichgeschaltet, leiser in ihrer Individualität.
Der Krieg zerstörte Fabriken und Märkte gleichermaßen. 1943 erlosch das Feuer in den Berliner Produktionshallen, und Juno verschwand aus den Regalen.
Zwei Deutschland, zwei Junos
Nach 1945 begann die Geschichte von Neuem, und das gleich doppelt. In West-Berlin brachte Reemtsma die Marke wieder auf den Markt, in der DDR dagegen lebte Juno als “volkseigene” Zigarette weiter.
Während im Westen der Werbeslogan in Liedform erklang („Aus gutem Grund ist Juno rund“, gesungen von Bully Buhlan und 1951 auf Schellack gepresst) wurde Juno im Osten zur Zigarette des “werktätigen Menschen“. Dieselbe Marke, zwei Gesichter – ein Symbol für das geteilte Land.
In den 1960er- und 70er-Jahren schwamm Juno auf der Welle des Fortschritts mit: Filter, neue Packungsdesigns, elegante Linien. Doch langsam verlor sie ihren Platz in einer sich globalisierenden Markenwelt.
Erst 2016 wurde Juno ganz eingestellt
Nach der Wiedervereinigung versuchte Reemtsma immer wieder, sie neu zu erfinden – mal als Traditionsmarke, mal als moderne Blend. Doch am Ende blieb Juno das, was sie immer gewesen war: eine Zigarette mit Charakter, deren Glanz aus Erinnerung bestand.
2016 schließlich erlosch die Marke offiziell – nach 120 Jahren Existenz. Die Registereinträge, die Werbeschallplatten, die emaillierten Schilder blieben. Und mit ihnen die Geschichten.

Wer heute durch Berlin-Mitte schlendert, kann noch ein Stück Juno-Geschichte atmen: die Josetti-Höfe in der Rungestraße. Wo einst Tabakduft und Maschinenklang den Alltag bestimmten, sind heute Ateliers, Studios und Büros.
Zwischen den Backsteinwänden aber scheint etwas geblieben – ein Hauch jener Zeit, als Werbung noch aus Emaille war und der Rauch nach Aufbruch roch. Juno war mehr als eine Zigarette. Sie war ein Berliner Statement – rund, trotzig, elegant. Ihre Werbung verband Kunst und Kommerz, Humor und Haltung.
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