Ein Blick hinter die Nähmaschine, die die Welt veränderte

Die Geschichte von Singer und seiner Reklameschilder

Isaac Merritt Singer, der jüngste Sohn einer achtköpfigen Familie, veränderte mit nur 40 Dollar Startkapital die Welt der Textilproduktion für immer. In nur elf Tagen schuf er 1851 die erste praktische Nähmaschine der Welt, bekannt als Singer’s Nr. 1.

Diese Erfindung war so bahnbrechend, dass sie am 12. August desselben Jahres patentiert wurde. Dies markierte nicht nur den Beginn einer neuen Ära der Nähtechnik, sondern auch den Start von Singers unternehmerischem Erfolg. Noch am selben Tag gründete Singer in Boston die I. M. Singer Company und nahm 700 Dollar Kredit auf, um seine Vision in die Realität umzusetzen. Nur zwei Jahre später entstand die erste Produktionsanlage in New York City – ein Meilenstein in der Industriegeschichte.

Das Gebäude der Nähmaschinenfabrik Haid & Neu in Karlsruhe. Hier wurden ab ca. 1951 Singer-Maschinen in Lizenz gebaut (Bild:  Wirtschaftsarchiv Baden-Württemberg)

Mit der Gründung der Singer Nähmaschinen Aktiengesellschaft 1895 begann für das Unternehmen eine neue Ära der Expansion. Diese Gesellschaft war aus der unabhängigen Singer-Generalvertretung Georg Neidlinger hervorgegangen, die seit 1860 in Hamburg Nähmaschinen aus importierten Teilen fertigte. Deutschland wurde schnell zu einem der wichtigsten Märkte für Singer, mit über 200 Filialen im ganzen Land. Das Unternehmen konnte stolz auf das dichteste Nähmaschinenfilialnetz in Europa verweisen und exportierte seine Maschinen in alle Welt – von Osteuropa über Asien bis hin nach Afrika.

Das Logo von Singer zeigte von Anfang an – seit 1851 – immer eine Dame an einer Nähmaschine in einem großen, roten ‚S‘. Das einzige was sich stets änderte, war die Mode der Dame und die Ausführung der Maschine, sowie die Sprache des Textes ‚SINGER NÄHMASCHINEN‘. Hier eine Darstellung aus der Zeit um 1895/1900. (Bild: BoeAnn, CC BY-SA 4.0)
So könnte es in etwa ausgesehen haben, als Isaac Singer (r.) seinem Freund und Unterstützer George Zieber die erste Nähmaschine in Funktion zeigte. Hier in einer nachgestellten Szene, wohl um 1950.
(Bild: www.wisconsinhistory.org)

1895–1946: Expansion und Anpassung an turbulente Zeiten

1902 erweiterte Singer seine Produktionskapazitäten in Europa mit der Eröffnung eines neuen Werks in Wittenberge. Doch der Zweite Weltkrieg brachte große Herausforderungen mit sich. Ab 1940 musste Singer einen Teil seiner Produktion auf Rüstungsgüter umstellen. In den letzten Kriegsjahren konzentrierte sich die Fabrik ausschließlich auf die Herstellung von Kriegsgütern.

Trotz der Kriegswirren blieb der Produktionsstandort in Wittenberge weitgehend unversehrt. Doch das Werk wurde ab dem 15. Juni 1945 von der sowjetischen Besatzungsmacht demontiert und als Reparationsleistung abtransportiert. Die einstige Werksleitung musste sich in eine Filiale in der Wittenberger Bahnstraße zurückziehen, ohne Aussicht auf eine Wiederaufnahme der Produktion. Die Gebäude und Grundstücke blieben ungenutzt, jedoch weiterhin im Besitz der Singer Company.

Ab 1946: Ein Neuanfang in Deutschland

Nach dem Krieg und den turbulenten Jahren des Wiederaufbaus nahm Singer 1951 einen neuen Anlauf in Deutschland. Die Karlsruher Nähmaschinenfabrik Haid & Neu erhielt eine Lizenz, um wieder Singer-Nähmaschinen zu produzieren. In den 1950er Jahren wechselte die Aktienmehrheit der Fabrik zur International Securities Company, die schließlich auch die Kontrolle über die Singer-Nähmaschinen AG in Frankfurt übernahm.

Detail einer imposanten Uralt-Schusternähmaschine von Singer. Sie steht zum Verkauf!

1958 konzentrierte sich das Werk in Karlsruhe vollständig auf die Produktion von Singer-Nähmaschinen. Mit der Zeit wurde der Name des Unternehmens mehrfach geändert, bis es schließlich 1967 zur Singer Werke GmbH wurde. Doch der wirtschaftliche Druck und die veränderten Marktbedingungen führten 1982 zur Schließung der Nähmaschinenfertigung in Karlsruhe, womit eine Ära der Nähmaschinenproduktion in Deutschland zu Ende ging.

Die wichtige Rolle der Reklame

Die Geschichte von Singer ist nicht nur die eines Unternehmens, sondern auch die einer Erfindung, die die industrielle Revolution vorantrieb und das Leben von Millionen Menschen weltweit veränderte. Von den Anfängen in einer kleinen Werkstatt bis hin zu globaler Bekanntheit – Singer hat einen unauslöschlichen Eindruck in der Geschichte hinterlassen.

Eine wichtige Rolle für den Erfolg des Unternehmens spielte selbstverständlich auch die Reklame. Singer vermarktete seine Maschinen quasi weltweit und setzte dabei wirkungsvoll auf eine bleibende grafische Darstellung in seinen Werbebotschaften. Von wem der Entwurf stammt, ist nicht bekannt. Das Logo von Singer zeigte von Anfang an – seit 1851 – immer eine Dame an einer Nähmaschine in einem großen, roten ‚S‘. Das einzige was sich stets änderte, war die Mode der Dame und die Ausführung der Maschine, sowie die Sprache des Textes ‚SINGER NÄHMASCHINEN‘.

Hier anhand von Blech- und Emailleschildern einige Beispiele von SInger-Reklameträgern aus verschiedenen Epochen und Ländern. Die Schilder stammen alle aus der Sammlung des Autors.

Dieses Reklameplakat wurde um 1895/1905 bei Gladiator-Email (Schulze & Wehrmann, Elberfeld) hergestellt. Feinst lithographiert und teils fett schabloniert war dieses Emailschild für den niederländischen Markt bestimmt.

Mit nur 8,5 x 12,5 cm dürfte dieses um 1925 bei Metalgraf Milano hergestellte Blechschild das kleinste Plakat mit dem bekannten Motiv sein. Gedacht für den arabischen Markt.
Vom selben Hersteller und aus derselben Zeit stammt dieses Blechschild, das zweisprachig (französisch und flämisch) auf dem belgischen Markt für die ersten elektrischen Maschinen von Singer warb.
Detail eines Schildes mit der gleichen 1920er-Jahre-Dame, diesmal in Emaille und für den spanischen Markt gedacht.
Bei Torpedo-Email hergestelltes Singer-Plakat aus der Zeit um 1930. Dieses war im deutschsprachigen Raum im Einsatz.
Die Mode ändert, die Maschine auch: Hier eine Singer-Dame aus den 1950er Jahren, ein Emailplakat für den arabischen Raum.

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