Schneller Überblick
Eigentlich müsste man den Franzosen Jules Chéret in dieser Sammler.Net-Serie weiter vorne platzieren, so wichtig war sein Oeuvre, was die Entwicklung des Plakates in der Reklamekunst angeht. Dass er es „nur“ auf Platz 10 geschafft hat, liegt daran, dass sein Name heute den meisten Sammlern Alter Reklame nicht gerade als einer der ersten durch den Kopf schießt, auch deshalb, weil es heute kaum noch Produkte gibt, die mit ihm in Verbindung gebracht werden können.

(1836-1932)
Im pulsierenden Paris des späten 19. Jahrhunderts erlebte die Kunst der Werbung eine tiefgreifende Transformation, maßgeblich geprägt durch einen Mann: Jules Chéret. Er veränderte er die Art und Weise, wie visuelle Botschaften kommuniziert wurden und hinterließ ein Vermächtnis, das die Werbeindustrie des frühen 20. Jahrhunderts nachhaltig beeinflusste.
Doch seine Bedeutung für die Reklame ging weit über bloße künstlerische Innovation hinaus – er war, auch von der Drucktechnik her gesehen, ein Wegbereiter einer neuen visuellen Ära.
Schulabbruch mit 13, künstlerisch ein Autodidakt
Geboren 1836 in Paris, war Chéret der Sohn eines Druckers, doch seine finanziellen Möglichkeiten waren begrenzt. Bereits im Alter von 13 Jahren verließ er die Schule und begann eine Ausbildung bei einem Lithografen. Trotz dieser bescheidenen Anfänge entwickelte er schnell eine Leidenschaft für die bildende Kunst und besuchte Zeichenkurse. Seine eigentliche künstlerische Ausbildung war jedoch autodidaktisch geprägt.

Nachdem er eine Zeit lang in London verbrachte und dort die neuesten Entwicklungen in der Farblithografie studierte, kehrte Jules Chéret 1866 nach Paris zurück – ausgestattet mit dem Wissen, das ihn zum Innovator machen sollte.
In dieser Zeit erlebte die Werbung, die hauptsächlich aus schwarz-weißen Textplakaten bestand, einen grundlegenden Wandel. Mit der Einführung von Farben, großformatigen Darstellungen und der Vereinfachung der Lithografie, die den Druck auf lediglich drei Steine reduzierte, ebnete Chéret den Weg für eine bunte, fesselnde und für die Massen zugängliche Plakatkultur.
Geburt des modernen Werbeplakats
Die Bedeutung von Chérets Arbeit für die Werbeindustrie lag nicht nur in seinen technischen Innovationen, sondern auch in seiner Ästhetik. Er setzte auf lebendige, dynamische Kompositionen, die häufig eine zentrale weibliche Figur zeigten – die „Chérette“.

Diese jungen, lebhaften Frauen, oft in verspielten Posen und leuchtenden Farben dargestellt, symbolisierten Lebensfreude und Unbeschwertheit. Sie wurden schnell zu einem festen Bestandteil des Pariser Stadtbildes und standen für den neuen Stil der Werbung: ein anziehendes, einfaches Bild, das sofort die Aufmerksamkeit des Betrachters fesselte.
Chéret erkannte früh die Kraft der Psychologie in der Werbung. Für ihn musste ein Werbeplakat den „Durchschnittsmenschen“ ansprechen, sei es ein Fußgänger oder ein vorbeifahrender Kutscher. Die Gestaltung seiner Plakate zielte darauf ab, die Aufmerksamkeit auf den ersten Blick zu erlangen und durch harmonische Farben und einfache, aber eindrucksvolle Motive im Gedächtnis zu bleiben.
In seinen eigenen Worten: „Nichts ist so geeignet wie ein einfaches, liebliches und doch packendes Bild in lebhaften und doch harmonischen Farben.“
Chéret schuf rund 1.200 Plakate
Mit seinen rund 1.200 Plakaten für eine Vielzahl von Kunden – von Theatern über Bälle bis hin zu Konsumgütern wie Parfums und Getränken – veränderte Chéret nicht nur die Werbelandschaft in Paris, sondern prägte die visuelle Kultur des frühen 20. Jahrhunderts weltweit. Seine Innovationen hatten weitreichende Folgen: Künstler wie Henri de Toulouse-Lautrec und Théophile-Alexandre Steinlen nutzten die von Chéret entwickelten Techniken und führten sie weiter.
Chéret schuf nicht nur Kunst für Museen, sondern brachte Kunst auf die Straßen. Die Plakate wurden zu einem Teil des Alltagslebens, zu einer Art visueller Unterhaltung im öffentlichen Raum. In einer Zeit, in der Printmedien noch nicht die gleiche Reichweite hatten wie später, waren seine Plakate der perfekte Weg, um Botschaften in großem Stil zu verbreiten.
Veränderung der visuellen Kommunikation
Chérets Einfluss war so groß, dass er nicht nur die Werbeindustrie revolutionierte, sondern auch Anerkennung als bildender Künstler erhielt. Neben seinen Plakaten widmete er sich später vermehrt der Malerei und schuf dekorative Werke für Innenräume. Doch sein wahres Vermächtnis bleibt die Veränderung der visuellen Kommunikation. Die von ihm entwickelten Techniken und Stile beeinflussten nicht nur seine Zeitgenossen, sondern legten den Grundstein für die moderne Werbung.

Im Rückblick lässt sich sagen: Jules Chéret, der 1932 in hohem Alter in Nizza starb, war ein Visionär, der die Massen mit seinen Plakaten begeisterte und die damalige Reklameindustrie revolutionierte. Seine Werke zierten nicht nur die Wände von Theatern und Geschäften, sondern erweckten die Straßen von Paris zum Leben und schufen eine neue, farbenfrohe Ära der visuellen Kommunikation.
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