„Ivens Foto Artikelen Amsterdam“: Eine gutgemachte Hinterglasmalerei aus den 1990er Jahren
Am Sonntag vergangener Woche wurde bei eBay unter der Bezeichung „Ivens Fotoartikel Amsterdam Groningen Nijmegen – Antikes Hinterglasschild um 1900“ in der Kategorie „Emailschilder/Originale“ ein auf den ersten Blick echt anmutendes „Reklameschild“ versteigert. Kurz nachdem Sammler.Net darüber berichtete, kontaktierten uns mehrere Händler, respektiv Sammler, die uns darauf hinwiesen, dass es sich bei dem dekorativen Teil jedoch keineswegs um ein altes Original handele …
Für diejenigen, die die Auktion bei eBay verpasst haben, hier die Artikelbeschreibung des Verkäufers: „Verkauft wird hier ein wunderschönes und toll erhaltenes antikes Hinterglasschild aus der Zeit um 1900 im original Rahmen: Ivens & Co. Fotoartikel Amsterdam – Nijmegen – Groningen Maße: 58 x 43 cm Original ungereinigter Fundzustand! Nicht restauriert! Viel Erfolg!“
Da der Verkäufer über ein einwandfreies Feedback verfügt (100% Kundenzufriedenheit laut eBay-Bewertung) und auf den Handel mit original alten Reklameobjekten wie Schilder, Dosen, Plakate usw. spezialisiert ist, gab es für Interessenten offensichtlich keinen Grund, an dieser Beschreibung zu zweifeln. Und mal ehrlich: Selbst Profis täten sich schwer daran, auf den Bildern Hinweise auszumachen, dass es sich keineswegs um eine Antiquität sondern um ein neuzeitliches Dekorationsobjekt handelt.
Großes Interesse auf eBay.de: 39 Gebote kamen zusammen
Das Interesse an dem vermeintlichen Relikt aus der Zeit des Jugendstils war dementsprechend groß: 39 Gebote kamen insgesamt zusammen und schlussendlich erzielte das gerahmte Schild – eine von Hand ausgeführte Hinterglasmalerei, keine Litho – stattliche 615€.
Noch während die Auktion lief wurde Sammler.Net von einem bekannten Sammler kontaktiert, der zwar keine Zweifel an der Authentizität äußerte, sich aber daran störte, dass das Schild wohl beschnitten sei, weil die Lettern zu nahe am Rahmen seien. Ein Rahmen, der wohl auch nicht ganz so alt sei … Wenig später hatte der Sammler eine neue Nachricht parat: „Ein erfahrener Altsammler hatte das Teil mal. Er hat es zurückgeben, weil es neu sein soll. Wenn’s aber wirklich alt ist, dann isses ’ne Sensation!“
Das alles machte uns hellhörig und so riefen wir in unserem Beitrag zu Rückmeldungen auf: Wer mehr über das vermeintliche alte Objekt wisse, solle sich melden. Im Laufe der Woche trudelten dann nach und nach einige brisante Infos ein.
Das Objekt erzielte schon mal gut 4.000€, eine schlechte Investition!
Aus diesen ging hervor, dass das Ivens-Schild keineswegs so selten sein kann, wie es den Anschein erweckt. Mehrmals tauchten in verschiedenen Ländern in den letzten Jahren Exemplare auf. Am meisten brachte das Schild vor nicht allzu langer Zeit anlässlich einer Auktion bei Proantic in Amsterdam.
Beschrieben wurde es, frei übersetzt, so: „Außergewöhnliche auf Glas gemalte Werbung aus dem Jahr 1899 für ein Fotogeschäft in Amsterdam, basierend auf einem 1899 veröffentlichten Plakat. (…) Dies ist die erste Kette von Fotogeschäften in den Niederlanden. Ivens war der Vater eines berühmten niederländischen Filmemachers“
Um das Glasschild schlugen sich dort gleich mehrere Bieter und einem war es schlussendlich 3.200€ wert. Zu diesem Betrag wurde es dann zugeschlagen. Mit Aufgeld knackte der Gesamtpreis locker die 4.000€-Grenze. Viel Geld für eine nette Deko: Handgemalt ja, alt nein!
Einlieferer wollte ein Exemplar in Worms versteigern lassen, aber …
Hier ein weiteres Auktionsergebnis eines gleichen Ivens-Schildes aus dem Jahr 2019: Bei Catawiki wurde dieses – mit leicht beschädigtem Rahmen – für 490€ versteigert.
Selbst auf der Internet-Seite der Stiftung Noviomagnus aus Nijmegen findet man ein Exemplar des Ivens-Glasschildes. Die Stiftung verfolgt als Aufgabe, die Geschichte der niederländischen Stadt unweit der deutschen Grenze, in Ehren zu halten und sie der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. 2011 wurde es in die Sammlung der Stiftung aufgenommen. Und auch dort wird es als Original aus der Zeit um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. beschrieben:
In der kommenden 33. Reklame-Auktion in Worms hätte ein weiteres Glasplakat von Ivens angeboten werden sollen. Dies war auf jeden Fall der Wunsch des Einlieferers, ein in Sammlerkreisen kein Unbekannter. Doch Marc Trapp, den wir auf diese uns zugesteckte Information ansprachen, erklärt: „Das Schild wurde bei uns abgegeben, von mir aber direkt als nicht Original gekennzeichnet, entsprechend kommt es auch nicht in die Auktion.“
Trapp wusste noch mehr über dieses und ähnliche Schilder aus der „Serie“ zu erzählen: „Diese Hinterglasmalereien wurden vor einiger Zeit in den Niederlanden hergestellt, man wollte nicht unbedingt fälschen, vielmehr schmücken. Entsprechend nahm man sich alte Plakatentwürfe als Muster und stellte diese Schilder als Deko-Objekte her.“
Marc Trapp: „Nostalgische Stücke, aber nichts für den gepflegten Sammlerhaushalt“
Auf Kunstmärkten und auch auf der renommierten „Jaarbeurs Utrecht“ seien Abnehmer gefunden worden, denen diese nostalgischen Stücken gefielen. Natürlich habe es aber auch den ein oder anderen gegeben, der sie zum Weiterverkauf in die „Reklameszene streute“. Es seien verschiedene Motive bekannt, u.a. auch von Campari. „Leider bleiben sie aber neuere Produktionen, nichts was jemals zu Werbezwecken hergestellt wurde – insofern nett anzusehen, aber für den gepflegten Sammlerhaushalt nicht wirklich zu empfehlen“, so der Auktionator aus Worms.
Hier das Exemplar, das ein Sammler in Worms zur nächsten Auktion im November einlieferte, das aber vom Auktionsteam abgelehnt wurde:
Ich habe schon öfter ähnliche Plakaten gesehen, aber immer mit diese Rahmung. Ist neu!
Wow! 4 Mille für ein solches Teil! Na ja, wer genug Geld hat … Was der wohl sagt, wenn er erfhährt, dass es gar nicht original alt ist?