Justus von Liebig: Genialer Erfinder und Pionier

Justus von Liebig (1803-1873) gilt als Erfinder zahlreicher bahnbrechender Produkte, darunter Backpulver, Chloroform und Mineraldünger. Sammlern Historischer Reklame sind vor allem die Werbeträger ein Begriff, die mit seiner lukrativsten Erfindung, dem Fleischersatz-Pulver zusammenhängen. Liebig-Schilder in Blech oder Emaille, aber auch die „Liebigbilder“ sind sehr beliebte Sammelobjekte.

Französisches „Liebigbild“ um 1900
(Johann) Justus Liebig (12. Mai 1803 – 18. April 1873)

Geboren wurde (Johann) Justus Liebig am 12. Mai 1803 als Sohn des Drogisten und Farbenhändlers Johann Georg Liebig in Darmstadt. Trotz seiner späteren Erfolge war die Schulzeit von Misserfolgen geprägt: Er verließ das Gymnasium ohne Abschluss. Auch seine erste berufliche Station verlief enttäuschend, denn mit 16 scheiterte Liebig in der Apothekerlehre. Er wurde entlassen, nachdem eine von ihm ausgelöste Explosion während eines Experiments im Dachstuhl seines Lehrherrn für Aufruhr gesorgt hatte.

Trotz dieser Rückschläge begann Liebig ein Jahr später, mit 17, sein Chemiestudium an der Universität Bonn, das er später in Paris fortsetzte. Bereits mit 20 Jahren promovierte. Dank der Unterstützung des Naturforschers Alexander von Humboldt erhielt er mit 21 eine Professur in Gießen.

Dort etablierte sich Liebig schnell als charismatischer Dozent, dessen Vorlesungen große Beliebtheit erlangten. In seinen Experimenten widmete er sich unter anderem der Analyse von Lebensmitteln, was zur Entwicklung seines bekanntesten Produkts führte: dem Fleischextrakt.

Von Hessen nach Bayern

Ursprünglich entwickelte Liebig den Fleischextrakt, um Patienten zu stärken, die feste Nahrung nicht zu sich nehmen konnten. Der sirupartige Extrakt entstand durch ein spezielles Verfahren, bei dem Rindfleisch mehrfach erhitzt und reduziert wurde. Später stellte er eine pulverisierte Variante her, die einfach mit Wasser aufgegossen werden konnte.

Französisches Emailschild um 1920. Erzielte anlässlich der 34. Wormser Reklame-Auktion ein Höchstgebot von 1.600€. (Bild: Wormser Reklame-Auktion)

Der Extrakt fand schnell Anerkennung und wurde in der Hofapotheke des bayerischen Königs als Kräftigungsmittel verkauft. 1845 wurde er von Großherzog Ludwig II. von Hessen für seine Verdienste mit dem Titel Freiherr geadelt. 1852 zog Liebig nach München, wo ihm ein eigenes Institut an der Universität samt modernem Labor zur Verfügung gestellt wurde.

Der kommerzielle Erfolg ließ jedoch auf sich warten, denn die Herstellungskosten waren hoch: Um ein Kilo Fleischextrakt zu produzieren, benötigte man 32 kg hochwertiges Rindfleisch, was das Produkt für viele unerschwinglich machte. Eine Lösung fand sich durch einen glücklichen Zufall und die Initiative des deutschen Ingenieurs Georg Christian Giebert.

In Uruguay produziert

Giebert, der Straßen in Südamerika baute, besuchte 1861 die Hafenstadt Fray Bentos in Uruguay und bemerkte, dass in Schlachtereien große Mengen Rindfleisch ungenutzt blieben, da es noch keine Möglichkeit gab, Fleisch über weite Strecken zu transportieren.

Teilansicht der Liebig-Fabrik in Uruguay

Giebert, der Liebigs Arbeiten kannte, erkannte das Potenzial für die Produktion von Fleischextrakt in Uruguay. Er schlug Liebig vor, eine Fabrik vor Ort zu errichten. Liebig stimmte dem Plan unter der Bedingung zu, dass er die Qualität des Produkts kontrollieren dürfe. Giebert sicherte sich das notwendige Kapital und ließ Maschinen in England fertigen.

Bereits 1862 wurden die ersten Proben des in Uruguay produzierten Extrakts nach Europa geschickt. Liebig war begeistert von der Qualität, die den Anforderungen entsprach, und stimmte zu, dass das Produkt seinen Namen tragen durfte: „Extractum Carnis Liebig“.

Die wichtige Rolle der Reklame

Ab 1864 wurde der Extrakt kommerziell vertrieben und schnell zu einem Verkaufserfolg. Dank der günstigen Produktionsbedingungen in Südamerika konnten die Kosten gesenkt werden, wodurch der Fleischextrakt nun für weite Teile der Bevölkerung erschwinglich wurde. In den folgenden Jahren wuchs die Produktion rasant.


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Die Vermarktung des „Extractum Carnis Liebig“ war nicht nur ein technologischer, sondern auch ein werbetechnischer Erfolg. Justus von Liebig und die späteren Eigentümer der Firma erkannten früh die Bedeutung von Reklame für den Verkauf ihres Fleischextrakts und nutzten innovative Strategien, um die Marke weltweit bekannt zu machen. Besonders herausragend war der Einsatz von Sammelbildern, die als Werbemittel diente und entscheidend zur Popularität des Produkts beitrugen.

Das Phänomen der „Liebigbilder“

So begann die Firma Liebig, sogenannte „Liebigbilder“ zu verteilen, die Kunden beim Kauf des Extrakts als kostenlose Zugabe erhielten. Die ersten Liebigbilder erschienen um 1875 in Paris, als die „Liebig Extract“ dort ein eigenes Werbebüro einrichtete. Die frühesten Liebigbilder wurden zwar als Serien gedruckt, aber zumeist einzeln abgegeben. Die geschlossene Abgabe ganzer Serien begann vermutlich ab 1880.

Diese Sammelbilder, auch als „Reklamebilder“ bezeichnet, entwickelten sich rasch zu einem Marketing-Phänomen. Sie wurden in Serien von sechs bis zwölf Karten gedruckt und behandelten eine Vielzahl von Themen, von Naturwissenschaft und Technik über historische Ereignisse bis hin zu Märchen und Alltagsleben.

Diese bunte Vielfalt und die künstlerische Gestaltung machten die Sammelbilder bei Erwachsenen und Kindern gleichermaßen beliebt. Besonders für die bildungsinteressierte Mittelschicht waren sie attraktiv, da sie Wissen auf unterhaltsame Weise vermittelten.

Über 11.000 verschiedene Sammelbilder

Die Bilder waren sorgfältig gestaltet, oft mit detailreichen Lithografien oder Chromolithografien, die für ihre Zeit von hoher Qualität waren. Ihre künstlerische und didaktische Ausführung war so überzeugend, dass sie sich zu begehrten Sammlerobjekten entwickelten. In vielen Haushalten wurden sie in speziellen Alben aufbewahrt, was dazu führte, dass Liebigs Produkte noch stärker in den Alltag der Menschen integriert wurden.


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Auf diese Weise schuf die Firma eine emotionale Bindung zur Marke, die weit über den reinen Konsum hinausging. Neben den Sammelbildern setzte Liebig auch auf andere Werbestrategien, wie auffällige Plakate und Zeitungsanzeigen, Blech- und Emailschilder, die die Vorteile des Fleischextrakts betonten. Es wurde nicht nur als Stärkungsmittel für Kranke und Schwache, sondern auch als nützliches Nahrungsmittel für Sportler, Reisende und Soldaten angepriesen.

Belgisches Emailschild aus den 1950er Jahren (Bild: Sammler.Net)

Durch die geschickte Kombination von Sammelbildern, Printwerbung und wissenschaftlicher Autorität gelang es der Firma Liebig, eine der ersten globalen Marken des 19. Jahrhunderts zu schaffen. Die Liebig-Bilder wurden bis in die 1970er-Jahre weiter produziert, insgesamt sind über 11.000 verschiedene Motive bekannt.

Sie dienten nicht nur der Produktvermarktung, sondern trugen auch zur Verbreitung von Wissen und Bildung bei – und prägten damit das Werbewesen nachhaltig.


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