Fanto: Aufstieg & Fall eines Industrie-Pioniers

Zwischen Petroleumgeruch und dem Glanz der Wiener Gründerzeit entstand ein Imperium, das den Wandel zur Moderne prägte. Die Geschichte der Fanto Benzin Aktiengesellschaft ist die einer jüdischen Unternehmerfamilie, die einst die Habsburgermonarchie erleuchtete.

David Fanto, 1910

Wien, 1870er Jahre: Petroleumlampen flackern in den Gassen, während Europa in die industrielle Moderne aufbricht. In dieser Zeit gründet der junge Kaufmann David Fanto, Sohn eines slowakischen Händlers aus Holíč, seine erste Petroleumhandlung. Nach dem Konkurs der väterlichen Firma wagt er einen Neuanfang, mit dem richtigen Gespür für Märkte und einem Blick für das große Ganze.

Er kauft und verkauft ganze Schiffsladungen Petroleum, spekuliert geschickt mit den Preisen und baut ein Handelsnetz, das bald über Wien hinausreicht.

Mit dem Gewinn gründet er 1888 gemeinsam mit seinem Bruder Sigmund eine Raffinerie im böhmischen Pardubitz. Der Grundstein für eines der größten Mineralölunternehmen der Donaumonarchie ist gelegt.

Expansion und Glanzjahre

In den folgenden Jahrzehnten expandiert „David Fanto & Comp.“ rasant: Tochtergesellschaften entstehen in Paris, Rouen, Bordeaux, Frankfurt, Zürich und Amsterdam. Das Unternehmen beliefert Fabriken, Eisenbahnen und das Militär mit Schmierstoffen und Treibstoffen.

1907 folgt die Umwandlung in eine „Aktiengesellschaft für Mineralöl-Industrie, vormals David Fanto & Comp.“ mit einem Kapital von 16 Millionen Kronen. Sitz ist nun das prunkvolle Palais Fanto am Wiener Schwarzenbergplatz, ein Bau, der industriellen Erfolg architektonisch sichtbar macht.

Historische Darstellung der Raffinerie Pardubitz, Briefkopf um 1900.
(Bilder: Fanto Ka)

Während des Ersten Weltkriegs steigt der Konzern weiter auf: 1916/17 werden 30 Prozent Dividende ausgeschüttet. Die Familie Fanto zählt zu den vermögendsten Wiens, ihr Besitz umfasst Immobilien, Konten und Kriegsanleihen, …

1925: Erste Wiener Tankstelle durch Fanto

Mit der Motorisierung der 1920er Jahre entdeckt Fanto den neuen Markt: Benzin für Automobile. 1925 eröffnet die Firma die erste öffentliche Zapfsäule Wiens am Währinger Gürtel, eine zweite folgt 1927 in der Löwelstraße.

Fanto-Tankstelle Löwelstraße im Jahr 1927
Reklame-Plakat für „Fanto Benzin, Aktien-Gesellschaft für Mineralölindustrie, Wien, III., Schwarzenbergplatz 5“.

Bald betreibt Fanto rund 30 Tankstellen in Wien – moderne Tempel des Fortschritts. Doch der Erste Weltkrieg hatte die Monarchie zerschlagen, die Wirtschaftskrise der 1930er Jahre tat ihr Übriges.

1936 musste die Familie den Konzern an die Mährische Bank in Brünn verkaufen, ein symbolisches Ende des einstigen Erfolgs.

Nach dem „Anschluss“ Österreichs im Jahr 1938 wurde das jüdische Unternehmen zwangsweise arisiert und dem Benzolverband übergeben. Noch im selben Jahr wurde die Fanto Benzin AG liquidiert.

Reklameträger von Fanto sind eher selten

Für Sammler von Alter Reklame gehören Emailschilder und andere Werbeträger von Fanto zu den eher selten auftauchenden Objekten. Bei internationalen Auktionen sind in den letzten Jahren kaum solche Artikel aufgetaucht.

(Screenshot von “Reklameschilder Austria“)

Auf der bei Sammlern von österreichischen Emailschildern bestens bekannten Webseite Reklameschilder Austria kann man jedoch, wenn man den Suchbegriff “Fanto” eingibt, eine ganze Reihe von Emailschildern des einstigen Unternehmens entdecken.

Und vor kurzem tauchte bei der 38. Wormser Reklame-Auktion ein extrem seltenes Reklameplakat aus hochglänzender, geprägter Pappe auf, die den Sammler.Net-Betreiber zu diesem Beitrag inspirierte.

Es wirbt für das Mineralöl des Unternehmens, Fantolin. Die lustige Darstellung soll wohl die hervorragende Schmierkraft des Produktes hervorheben.

Das Foto auf dieser Seite gibt nicht einmal annähernd den Eindruck wieder, den man hat, wenn man das Plakat vor sich sieht: Man glaubt fast, es sei geprägtes Blech. Siehe dazu auch das Video im Sammler.Net-Forum.

Werbepappe, geprägt, Österreich um 1930, ca. 48 x 34 cm groß

Erinnerung und Vermächtnis

Heute erinnert nur noch das Palais Fanto am Wiener Schwarzenbergplatz an das einstige Unternehmen. Es steht als stilles Denkmal für eine Zeit, in der Wien industrielles Zentrum und kultureller Schmelztiegel zugleich war.

Nach David Fantos Tod wurde es Sitz des Österreichischen Branntweinmonopols und seit 1998 beherbergt es außerdem u.a. das Arnold Schönberg Center.

Die Geschichte der Fanto Benzin AG erzählt vom unternehmerischen Mut einer Familie, vom Aufstieg durch Bildung und Handel – und vom jähen Ende durch Enteignung und Verfolgung. Sie ist damit nicht nur ein Stück Wirtschaftsgeschichte, sondern auch ein Spiegel europäischer Moderne.

Zeigt uns eure Fanto-Schilder und anderen Schätze!

Du hast selbst tolle Schilder oder andere Objekte mit Werbung für Fanto oder Fantolin in deiner Sammlung? Dann hinterlass doch für alle Interessierten Fotos davon im Kommentarbereich unter diesem Beitrag: der orangefarbene Button mit der Sprechblase – unten links – bringt dich direkt zum Formular!


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