A.M. Cassandre, geboren als Adolphe Jean-Marie Mouron am 24. Januar 1901 in Charkiw, Ukraine, und gestorben am 17. Juni 1968 in Paris, Frankreich, war einer der einflussreichsten Grafiker und Plakatkünstler des 20. Jahrhunderts. Sein Werk prägt bis heute die visuelle Kultur und insbesondere die Welt der Werbung. Als einer der führenden Vertreter des Art Deco-Stils war Cassandre bekannt für seine ikonischen Plakate, die eine neue Ära des Grafikdesigns einläuteten.
Cassandre zog im Alter von 14 Jahren mit seiner Familie nach Paris, wo er später an der École des Beaux-Arts und der Académie Julian Kunst studierte. In den frühen 1920er Jahren begann er, als Plakatkünstler zu arbeiten, zu einer Zeit, als die Werbung durch den wachsenden Konsumismus in Europa und Nordamerika an Bedeutung gewann.
Cassandre erlangte schnell Aufmerksamkeit für seine innovativen Entwürfe, die durch ihre klare Typografie, starken geometrischen Formen und eine gekonnte Balance zwischen Abstraktion und Realismus auffielen.
Durchbruch und Ikonische Werke
Cassandre wurde berühmt durch seine Plakate für Produkte wie Zigaretten, Alkohol, und vor allem für Transportmittel wie Züge und Schiffe. Eines seiner frühesten und bekanntesten Werke ist das Plakat für „Dubo, Dubon, Dubonnet“ aus dem Jahr 1932.
Es ist ein Paradebeispiel für Cassandres Fähigkeit, in seiner Kunst eine Geschichte zu erzählen, die sowohl einfach als auch einprägsam ist. Am Tisch sieht sich ein Herr mit Melone ein Glas eines Getränkes an. Es handelt sich um den erwähnten französischen Aperitif.
‚Dubo‘ kann man auf der ersten Illustration lesen. Phonetisch ‚Dübo‘, was ebenfalls phonetisch dem französischen ‚Du beau‘ (‚Was schönes‘) entspricht. Dann trinkt der Herr. Das zweite Bild ziert nun ein ‚Dubon‘ (‚Dübon‘) oder auch ‚Was gutes‘ sagen will. Und wenn das Glas leer und der Herr gefüllt sind, liest man schließlich ‚Dubonnet‘. ‚Dubo, dubon, Dubonnet‘ heißt also eigentlich ‚Was schönes, was gutes, Dubonnet‘. Eine ähnlichlich interessante Wortspielerei findet man bei einer anderen französischen Marke, ‚Kilvoufo‚.
Ein weiteres ikonisches Werk ist das Plakat für den Ozeandampfer „Normandie“ aus dem Jahr 1935. Das Plakat zeigt das Schiff in einer kraftvollen, stromlinienförmigen Perspektive, die die Größe und Geschwindigkeit des Dampfers betont. Die Farbpalette – vor allem das intensive Blau und das kräftige Rot – sowie die dramatische Komposition des Plakats fangen den Geist des Art Deco perfekt ein und machten es zu einem der bekanntesten Werke der Epoche.
Auch einige Emailplakate nach A.M. Cassandre sind bekannt, darunter eins, das für die französische Lebensmittelkette ‚Casino‘ wirbt.
Stil und Einflüsse
Cassandres Stil ist stark von der Moderne und dem Futurismus beeinflusst. Seine Werke zeichnen sich durch eine klare, geometrische Ästhetik aus, die oft industrielle und maschinelle Themen aufgreift. Typografie spielte in seiner Arbeit eine zentrale Rolle; er gestaltete nicht nur Plakate, sondern auch Schriftarten, die in vielen seiner Werke verwendet wurden, wie etwa die berühmte Schriftart „Peignot“, die 1937 entstand.
Seine Arbeiten vereinten Funktionalität mit künstlerischem Anspruch, was sie sowohl für die Werbung als auch für die Kunstwelt bedeutend machte. Eine chronologische Auflistung der Plakate Cassandres findet man hier.
In den späten 1930er Jahren wandte sich Cassandre verstärkt der Malerei und dem Bühnenbild zu, arbeitete aber weiterhin als Grafiker. Er gründete auch die Werbeagentur „Alliance Graphique“, die jedoch während des Zweiten Weltkriegs geschlossen wurde. Nach dem Krieg konzentrierte er sich wieder vermehrt auf die Malerei, obwohl seine Arbeiten im Bereich der Werbung und des Grafikdesigns weiterhin hoch angesehen waren.
Cassandre hinterließ ein bedeutendes Erbe, das die Kunst des Plakatdesigns revolutionierte. Seine Arbeiten gelten heute als Klassiker und werden in Museen weltweit ausgestellt. Besonders bemerkenswert ist sein Einfluss auf die Entwicklung der modernen Werbegrafik, in der er eine Brücke zwischen Kunst und Kommerz schlug. Seine Fähigkeit, ästhetische Qualität mit kommerzieller Funktion zu verbinden, macht ihn zu einem der wichtigsten Gestalter des 20. Jahrhunderts.
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